Die absolut unabhängige Gastrokritik
Augsburgs Gastroszene ist trotz schwieriger Zeiten – Stichworte Pandemie, Personalmangel, steigende Rohstoff- und Energiekosten – lebendig wie eh und je. Und dann gibt es da noch die kleinen Gastro-Oasen, die beständig und mit unveränderten Qualitätsansprüchen seit Jahren Bestand haben und die man vielleicht trotzdem nicht so „auf dem Schirm“ hat. Dazu zählt vielleicht auch die Pizzeria Trattoria Crudo, die in Nachfolge des „La Tavola“ am Pfannenstiel viele Fans gewonnen hat.
Ambiente ★ ★ ★
Citynah und doch idyllisch ruhig im Rugendasviertel rechts der Wertach gelegen, ist Inhaberin Natalia Crudos Lokal nicht unbedingt der „Sehen-und-gesehen-werden“-City-Italiener, sondern – und das im positivsten Sinn – eher ein familiärer Treff für unaufgeregten Genuss. Was natürlich nicht heißt, dass hier nicht auch schon mal richtig ausgelassen gefeiert wird, wie etwa bei Auftritten von Augsburgs Italo-Entertainment Ikone Domenico Salerno. Im ansprechend-modernen Ambiente des Innenraums mit angenehmer Lichtführung lächeln die Schauspiel-Legenden Sophia, Gina, Marcello und Co von Fotos; mit „Gente di mare“ heißt uns Umberto Tozzi willkommen – kurz gesagt, man fühlt sich sofort „daheim“ in Italien. Im Sommer ist der schöne Garten des historischen Bürgerhaus-Ensembles zweifellos eine echte Top-Adresse für lauschige Nächte.
Essen ★ ★ ★
Trattoria-typisch erwarten den Besucher hier natürlich keine allzu aufsehenerregenden Experimente, dafür aber solide und professionelle Zubereitung traditioneller Spezialitäten. Wir starteten mit einem üppig bestückten Meeresfrüchtesalat (13,80 €), der mit zweierlei Muscheln, Scampi, Polpo, Calamari auf frischen Blattsalaten Karotten und Sellerie gereicht wurde. Schön angerichtet und schmackhaft! Von der wechselnden Wochenkarte wählten wir die Kalbsrouladen mit Parmaschinken und Parmesan (21,80 €). Zu diesen Involtini in einer gut abgeschmeckten, cremigen Weißweinsauce gab´s aromatische Rosmarin-Thymian-Kartoffeln und blanchiertes Gemüse; letzteres in einer sehr schönen, weichen Konsistenz und nicht ganz so àl dente´, wie es die Mode vielleicht vorgibt. Fluffig-feine Gaumenfreuden bescherten uns – ebenfalls von der Wochenkarte – auch die sicher hausgemachten Riesen-Gnocchi „Cuattro Formaggi“ (12,80 €) mit sahniger Aurora-Sauce, ebenfalls ein Klassiker der Casalinga-Küche. Ernährungsphysiologisch sicher fragwürdig, aber halt saulecker…und da wir ohnehin schon dabei waren, uns nicht unbedingt an leichter Kost zu orientieren, ließen wir uns zum Dessert noch das belissimo-buttrige Profiterole-Duetto „Pistazie und Schokolade“ (5,20 €) schmecken. Dass aber gleich drei der Windbeutel auf dem Teller tanzten, das war dann allerdings auch fast schon zu viel des Guten…
Trinken ★ ★ ★
Neben den Standardweinen auf der Speisekarte gibt es – sehr löblich – eine weitere Tafel mit wechselndem Angebot an offenen Weinen und natürlich zudem eine separate Weinkarte, auf der auch – was uns ebenfalls gut gefiel – die Etiketten abgebildet waren. Allesamt gut ausgewählt zum Trattoria-Konzept. Wir entschieden uns eingangs für einen sommerlich-munteren apulischen Rosé (Rosato Five Roses Salento von Leone de Castris; das Glas zu 3,90€), der uns die heftigen Sturmböen vor der Tür vergessen ließ. Zu den Hauptspeisen durfte es der Colle Secco Montepulciano (21,80 € / 0,75l) der Cantina Tollo in den Abruzzen sein. Schön vollmundig rot-fruchtig, aber nicht marmeladig.
Service ★ ★ ★ ★
Von der telefonischen Reservierung über die Begrüßung bis hin zum Service am Tisch waren freundliches Auftreten und routinierte Präzision in perfekter Balance; tolles Zusammenspiel ganz offensichtlich auch zwischen Service und Küche. Aufmerksam wurde nach Pausenwünschen beim Essen gefragt – wirklich alles top!