Es ist ein komisches Gefühl, wenn man die Schubertstraße in Langweid am Lech entlangläuft. Blumen blühen, Kinder spielen auf der Straße. Auf den ersten Blick – alles normal. Doch die Stimmung ist gedrückt. Anwohner tuscheln über den Gartenzaun – leise, fast flüsternd über das Unfassbare, was sich vor wenigen Tagen hier ereignet hat: Die Schubertstraße ist auf einen Schlag zum schrecklichen Tatort geworden. Drei Menschen werden von ihrem eigenen Nachbarn, einem 64-jährigen Sportschützen, getötet; zwei weitere in der Nähe schwer verletzt. Eine entsetzliche Bluttat, der Dreifach-Mord Langweid, der sich vermutlich nur auf Nachbarschafts-Streitigkeiten begründet.


Es ist der 28. Juli, ein Tag, an dem es immer wieder regnet. Gegen 19.15 Uhr beginnt dann der Albtraum, mit dem die Anwohner der friedlichen Gemeinde Langweid nie gerechnet hätten. „Da lebt man in so einem unscheinbaren Ort; denkt, man kann ruhig die Rente genießen – und dann wird geschossen wie in einem Großstadt-Brennpunkt“, sagt eine Anwohnerin. Sie möchte anonym bleiben, wie die meisten Anwohner und Zeugen, die den Dreifach-Mord Langweid miterleben mussten.


Die Todesopfer der Tat sind eine Frau im Alter von 49 Jahren und ihr 52-jähriger Ehemann, sowie eine 72-jährige Frau. Letztere wurde durch einen Schuss durch die Wohnungstür getötet und ist die Mutter eines weiteren Opfers. Den 44-jährigen Sohn der Erschossenen und dessen 32-jährige Partnerin suchte der Täter anschließend ebenfalls mit seiner Waffe heim. Er fuhr mit dem Auto in die knapp 500 Meter entfernte Hochvogelstraße und schoss erneut. Das Paar überlebte den Angriff glücklicherweise; zwar mit schweren Verletzungen, aber außer Lebensgefahr.

Drei Tote und zwei Verletzte


Zu den Tathintergründen gibt es bisher kaum Informationen, die Ermittlungen der Kriminalpolizei laufen. „Was wir aktuell wissen ist, dass es sich bei dem Tatverdächtigen und den Todesopfern um Nachbarn gehandelt hat und offenbar auch Nachbarschaftsstreit voraus gegangen ist“, so Markus Trieb, Pressesprecher der Polizei Schwaben Nord. Als der Verdächtige nach der Tat gegen 19.45 Uhr widerstandslos im Ortsteil Foret festgenommen wurde, befanden sich in seinem Auto zwei Kurzwaffen, die sichergestellt wurden. Bekannt ist, dass es sich bei dem Täter um einen Sportschützen handelt, der die Waffen mit Erlaubnis in Besitz hatte. Auch der Streit zwischen Tätern und Opfern muss schon seit Jahren in Gange sein, so hat die Polizei 2018 schon Mitteilungen über Nachbarschaftsstreitigkeiten in der Schubertstraße erhalten. Es soll diverse Vorfälle wie Gerangel, beleidigende Äußerungen und Drohungen gegeben haben. Zuletzt war die Polizei am Nachmittag des Tattages zu den streitenden Nachbarn gerufen worden, wo der spätere Täter nicht anwesend war. Besonders tragisch: Der minderjährige Sohn des getöteten Ehepaares musste mitansehen, wie der Nachbar seine beiden Eltern erschossen hat.

Star-Verteidiger Rubach über den mutmaßlichen Dreifach-Mörder:

Im ersten Moment wundert es nicht, dass Walter Rubach als Rechtsanwalt des mutmaßlichen Dreifach-Mörders Gerhard B. aus Langweid genannt wird. Hat er doch mit prominenten Fällen – vom Augsburger Polizistenmord bis zum Skandal um Politiker Linus Förster – schon sehr viele medial aufsehenerregende Fälle gehabt. Im zweiten Moment fragt man sich aber doch, wie ein 64-jähriger Sportschütze aus dem Augsburger Landkreis, der nach allen vorliegenden Informationen drei Nachbarn – eine 49-Jährige und ihren 52-jährigen Mann vom gleichen Stockwerk sowie eine 72-jährige Frau ein Stockwerk tiefer – offenbar nach lang schwelenden Nachbarschafts-Streitigkeiten brutal getötet hat, innerhalb kürzester Zeit an solch einen Star-Anwalt kommt. Walter Rubach: „Das war eher Zufall. Ich hatte „anwaltlichen Notdienst“ an jenem Abend. Als dem mutmaßlichen Täter der Haftbefehl eröffnet wurde (ohne jeden Widerstand auf einem nahegelegenen Parkplatz im Gewerbegebiet, Anm. d. Red.), konnte er keinen eigenen Anwalt als Rechtsvertreter nennen – und hat zugestimmt, dass ich sein Mandat übernehme.“


So traf der Anwalt seinen Mandanten inzwischen auch schon mehrfach, besucht ihn weiterhin regelmäßig in der Haft. Rubach: „Auf den ersten Blick machte er auf mich einen vernünftigen Eindruck. Ein Mensch, mit dem man sich unterhalten kann. Man sollte ihn nicht als durchgeknallten Streithansel vorverurteilen. Sehr wichtig ist jetzt, vor allem die Akte über den genauen Tathergang zu bekommen, Gutachten abzuwarten, was die psychologischen Umstände, aber auch die Ergebnisse der Spurensicherung betreffen.“

Mit einer Anklage zum Dreifach-Mord Langweid rechnet der erfahrene Top-Anwalt nicht vor Spätherbst diesen Jahres.
Übrigens ist der inhaftierte 64-Jährige verheiratet. Ob sich seine Frau derzeit in der Wohnung im Tat-Haus aufhält, ist nicht bekannt.

9000 Einwohner Gemeinde im Schockzustand

Das sagt die Psychotherapeutin

„Taten wie im Dreifach-Mord Langweid bei Augsburg werfen viele Fragen auf, insbesondere auch die nach dem „Warum“. Das Bedürfnis nach einer Erklärung für das Unbegreifliche ist hoch, bei der Gesellschaft im Allgemeinen, vor allem aber auch für die Hinterbliebenen der Opfer, welche oft hilflos zurückbleiben. Kriminalpsychologische Theorien bieten verschiedene Perspektiven, um das Verhalten von Tätern zu erklären, doch es gibt keine einfache oder einheitliche Antwort darauf, wie Personen zu Mördern werden.


Ein Aspekt, der oft untersucht wird, ist die Rolle von Persönlichkeitsmerkmalen und psychischen Störungen. Menschen mit bestimmten psychischen Problemen könnten möglicherweise ein erhöhtes Risiko haben, gewalttätiges Verhalten zu zeigen. Hierbei ist es jedoch wichtig zu betonen, dass die Mehrheit der Menschen mit psychischen Störungen nicht gewalttätig ist und dass es viele andere Faktoren gibt, die in die Entstehung eines solchen Verbrechens involviert sein können. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die soziale Umgebung und die Lebensgeschichte des Täters. Missbrauch, Vernachlässigung, Gewalterfahrungen oder schwierige familiäre Bedingungen können die Entstehung von Aggression und Gewalt begünstigen. Auch psychosoziale Stressoren wie finanzielle Schwierigkeiten, soziale Isolation oder der Verlust wichtiger Bindungen können sich auf das Verhalten auswirken.


In solchen Fällen ist es von großer Bedeutung, dass forensische Psychologen, Ermittler und Gerichtspsychiater eine umfassende Untersuchung durchführen, um eine möglichst genaue Beurteilung der Umstände und der psychischen Verfassung des Täters zu erhalten. Nur durch eine sorgfältige Analyse und Verständnis der komplexen Faktoren, die zu einem solchen Verbrechen führen, können wir als Gesellschaft mögliche Präventionsmaßnahmen ableiten und das Risiko ähnlicher Taten in der Zukunft minimieren.
Unabdingbar ist im jeden Fall die Unterstützung der Angehörigen. Diese brauchen ein Angebot professioneller Begleitung, wenn sie diese wünschen. Das beginnt mit der ganz unmittelbaren Krisenintervention und kann zu längerfristigen psychotherapeutischen Maßnahmen zur Unterstützung in der Bewältigung führen.“

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