Erst vor Kurzem feierten der ehemalige Fußballprofi Matthias Ostrzolek und Anne-Kathrin ihre Hochzeit. Anlass genug für das Augsburg Journal einmal bei den beiden persönlich vorstellig zu werden. Gemeinsam haben sie sich nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Aliya und dem Ende von Matthias Profikarriere dafür entschieden, ihren Lebensmittelpunkt nach Neusäß zu verlegen und beruflich neue Wege zu gehen. Chefredakteurin Anja Marks-Schilffarth und Redakteur Johannes Kaiser besuchten die junge Familie und unterhielten sich mit dem Ehepaar über ihre neuen Herausforderungen.

Augsburg Journal: Anne-Kathrin, Sie haben kürzlich eine neue Rolle im Bereich der Wohltätigkeitsarbeit übernommen. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen?

Anne-Kathrin: Ja, tatsächlich habe ich eine Position bei „Right To Play“ angenommen, einer Organisation, die sich für Kinder in Krisengebieten einsetzt, um ihnen spiel- und sportbasierte Lernmethoden zu vermitteln. Mein Engagement für Wohltätigkeitsarbeit begann schon in jungen Jahren, als ich mit meinem Vater Lebensmittel für Belarus kaufte. Über die Jahre habe ich die Strahlkraft des Fußballs genutzt, um regionale Vereine und Charity Events zu unterstützen. Mit der Geburt unserer Tochter Aliya, die leider nicht komplett gesund auf die Welt kam, wurde mein Wunsch, zurückzugeben, aber nur noch stärker. Mein erstes Projekt bei Right To Play war ein Benefiz-Sport Kids Dinner beim FC Bayern Basketball am 14. November, durch das wir viele Kinder unterstützen können.

Viel geht heutzutage von zuhause aus. Sowohl Anne-Kathrin als auch Matthias arbeiten viel im Home-Office, um auch mehr Zeit mit ihrer gemeinsamen Tochter Aliya verbringen zu können. Der Ex-FCA-Spieler ist mittlerweile bei der „B360 Sports Agency“ tätig.

AJ: Wie integrieren Sie diese neue Aufgabe in Ihren Familienalltag, insbesondere mit einer jungen Tochter und einem Ehemann, der auch eine neue Karriere eingeschlagen hat?

Anne-Kathrin: Es ist definitiv ein Balanceakt, aber Right To Play lebt die Werte, die sie auch in ihren Programmen vermitteln, was mir eine gewisse Flexibilität ermöglicht. Ich arbeite einen Tag pro Woche im Büro in München und den Rest von zu Hause aus, was es leichter macht, alles unter einen Hut zu bekommen.

AJ: Und bei Ihnen, Matthias, wie kam es zu der Entscheidung relativ früh mit dem Profifußball aufzuhören?

Matthias: Es hätte auch noch weitergehen können. Aber die große Option, in Wien weiterzuspielen, ist durch den Abstieg leider weggefallen. Wegen unserer Tochter wollten wir aber im deutschsprachigen Raum bleiben, deshalb hat es auch wegen der familiären Unterstützung am meisten Sinn ergeben, die Karriere zu beenden und nach Augsburg zurückzukehren.

AJ: Wie war die Ankunft in Augsburg?

Matthias: Wir hatten das Glück, dass wir dieses Haus hier in Neusäß gefunden haben und es so schnell verfügbar war. Da haben wir auch direkt gesagt, wir können es uns vorstellen, hier zu wohnen.

Anne-Kathrin: Das schöne ist, dass sowohl Matthias als auch ich hier noch viele Freunde von früher kennen und meine, genauer gesagt, jetzt unsere Familie hier auch wohnt. Man muss sagen, es hat sich in den letzten zehn Jahren auch viel verändert in Augsburg, deshalb war es eine coole Mischung aus ,irgendwie ist es noch Heimat‘ und man kennt alles – und trotzdem ist sehr viel neu.

Willkommen daheim bei der jungen Familie Ostrzolek

AJ: Matthias, haben Sie noch viel Kontakt zu den ehemaligen Kollegen?

Matthias: Klar, man tauscht sich aus, auch wenn es bei mir natürlich etwas stressig zurzeit ist. Es wohnen mit Daniel Baier, Halil Altintop, Sascha Mölders und Tobias Werner, der wieder zurückzieht, auch echt noch viele hier.

AJ: Wie kam es zu Ihrer Beschäftigung als Spielertrainer des TSV Schwaben Augsburg?

Matthias: Das war eher ein Zufall. Eigentlich hatte ich gar nicht vor, in die Trainerrichtung zu gehen, sondern eher in die Spielerberatung. Im Januar habe ich mich mit einem alten Schulfreund, der in München lebt, zum Abendessen getroffen. Er hat mir erzählt, dass er aktuell Co-Trainer ist beim VfB Hallbergmoos und dass sie gerade im Abstiegskampf sind und ob es mich nicht vielleicht reizen würde, mal wieder gegen den Ball zu treten. Da ich immer noch großen Spaß am Fußballspielen habe, fiel die Entscheidung schnell, dort als spielender Co-Trainer mitzumachen; einfach auch, um den Jungs etwas weiterzugeben. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und deshalb habe ich mich auch dafür entschieden, die B-Lizenz als Trainer zu absolvieren und diese im Juli begonnen. Die Möglichkeit, hier als spielender Trainer weiterzumachen, kam durch den Kontakt zu Max Wuschek, dem sportlichen Leiter vom TSV Schwaben Augsburg zustande. So hat es sich ergeben.

Mittlerweile Spielerberater

AJ: Wie ist es für Sie, als ehemaligen Profifußballer, in der Bayernliga zu spielen?

Matthias: Natürlich ist es ein Unterschied zum Profifußball. Trotzdem haben wir bei Schwaben eine sehr gute Mannschaft, bei der es für mich auch sehr viel Spaß macht, mitzukicken.

AJ: Hauptberuflich sind Sie ja mittlerweile als Spielerberater tätig. Wann haben Sie begonnen?

Matthias: Ich habe zum 1. Juli bei „B360“ angefangen, der Kontakt kam aber schon deutlich früher zustande. Bereits seit längerer Zeit schaue ich viele Nachwuchsspiele hier in der Umgebung und konnte mir daher schon einen guten Überblick verschaffen.

Matthias-Ostrzolek ist ein Küchen-Profi – an der Kaffeemaschine.

AJ: Wie anstrengend war die Sommertransferphase?

Matthias: Langweilig ist es mir definitiv nicht geworden (lacht). Es gab schon sehr viele Spieler in der Agentur, die einen Wechsel angestrebt haben.

AJ: Das heißt, Sie verhandeln auch konkret mit den Vereinen?

Matthias: Ich bin noch relativ neu dabei, versuche Kontakte zu knüpfen, Verbindungen herzustellen und schaue mir die Verhandlungen erst einmal von außen an. Ich war bis jetzt ja nur Spieler und das ist natürlich erst einmal eine ganz neue Welt für mich. Deswegen bin ich da aktuell in einer Lernphase.

Anne-Kathrin: Das schöne daran ist, dass du ja deine Erfahrungen als Spieler mit einbringen kannst, weil du weißt, was dir damals wichtig war. Das ist ein großer Benefit denke ich.

Matthias: Für mich geht es nicht darum, dass man den Wechsel von A nach B hat, sondern den Spieler betreut. Natürlich braucht ein Nachwuchsspieler eine andere Betreuung als ein Spieler, der den Sprung geschafft hat und jetzt irgendwo in der ersten oder zweiten Liga Stammspieler ist. Dadurch, dass ich es selber erlebt habe, kann ich den Jungs mehr Input geben als jemand, der es nicht erlebt hat.

Matthias Ostrzolek: Die Anforderungen für junge Spieler werden immer höher

AJ: Inwiefern haben sich die Anforderungen an die jungen Spieler über die Jahre verändert?

Matthias: Ich glaube, die Anforderungen werden immer höher, weil der Fußball immer schneller, immer komplexer wird. Man muss immer mehr investieren, um überhaupt auf das Niveau zu kommen. Es hat sich natürlich dahingehend verändert, dass früher viel mehr Typen da waren. Als ich zu den Profis gekommen bin, da saß ich still in meiner Ecke und habe kein Wort gesagt, bis es dann zum Training ging. Auch weil man noch sehr viel Respekt vor dem anderen hatte, mittlerweile hat sich die Hierarchie deutlich abgeflacht. Es sind inzwischen so viele junge Spieler in der Kabine, dass man sich eher als alter Spieler wie der Fremde vorkommt.

AJ: Fehlt Ihnen der Starrummel aus Ihrer aktiven Zeit manchmal?

Matthias: Nein, das nicht, aber es war natürlich schön, Woche für Woche in Stadien einzulaufen, in denen bis zu 80.000 Fans in Deutschland sind. Das war schon ein geiles Gefühl. Je länger man dabei war, umso mehr gewöhnte man sich aber auch daran. Deswegen war es auch schön, am Ende meiner Karriere in Österreich bei Admira Wacker gewesen zu sein, um noch mal einen komplett neuen Input zu bekommen.

Nur wenige negative Erfahrungen

AJ: Und Ihnen, Anne-Kathrin?

Anne-Kathrin: Ich war immer total stolz. Ich fand das ein super schönes Gefühl, einen Mann da unten zu sehen und man fiebert dann ja immer voll mit. Grundsätzlich sind die Leute einem ja auch eher positiv gesonnen. Wir haben da nur sehr wenig negative Erfahrungen gemacht, außer in Hamburg, da gab es wegen der Rivalität zwischen dem HSV und St. Pauli auch ein paar unangenehme Begegnungen. Zum Beispiel, als wir nach Hamburg gezogen sind war ich bei Ikea und darauf angewiesen, dass die Möbel geliefert werden, weil ich keinen Sprinter da hatte. Da hat mich der Typ von der Logistik blöd angemacht, und gesagt „Ostrzolek, ah, der ist beim HSV, sorry, da liefern wir nicht, ich bin Pauli-Fan.“ Da habe ich mir auch gedacht, sorry, aber was geht denn hier gerade ab?! Bei der Relegation war es so weit, dass es sogar Morddrohungen gab. Das war mir tatsächlich etwas unheimlich. Wir Frauen hatten da Personenschützer im Stadion, es gab einen Notfall-Evakuierungsplan, wir durften nicht mit dem Auto kommen, weil die Angst hatten, die Fans zerstören die Fahrzeuge. Das setzt einem schon zu, da habe ich mich nicht wohlgefühlt. Insgesamt war es dennoch alles in allem eine sehr schöne Zeit, die wir nicht missen wollen!

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