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Dienstag, 26. November 2024

Debatte um Großwild-Jagd: Anbieter verteidigen auf der „Jagen und Fischen 2024“ ihr Geschäftsmodell

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Rein von den Zahlen war die Messe „Jagen und Fischen 2024“ ein voller Erfolg. Die Organisatoren durften eine Besucherzahl von rund 23.000 melden – ein neuer Rekord. Doch auch in diesem Jahr wurde die Messe von Protesten und heiß geführten Debatten begleitet. Speziell zum Thema Jagd- und Angelreisen gab es bereits im Vorfeld Diskussionen (wir berichteten). So kritisierte etwa die Tierschutzorganisation PETA die „Messe für tierquälerischen Freizeitsport“ scharf.

Grund genug, sich vor Ort umzuhören. Und so sprach die Augsburg Journal REPORTERIN zwischen einem lebensgroßen Mammut, Anglerzubehör und Jagdhornbläsern mit Messebesucherrinnen und -besuchern (siehe Kasten rechts) und Ständebertreibern: Haben sie die Diskussion überhaupt mitbekommen? Und was sagen sie dazu? Die Standbetreiber auf der „Jagen und Fischen“ waren teils reserviert, teils, selbst konfrontiert mit den harten Anschuldigungen der Tierschützer, erstaunlich offen und gesprächsbereit.

Besonders deutlich wird dies in der Jagdhalle. Hier hört man schon drei Stände weiter das Knallen eines Gewehrs. Der Werbefilm von „Carlo Engelbrecht Safaris“ durchbricht immer wieder die Geräuschkulisse auf der Messe. Vater und Sohn Carlo und Hugo Engelbrecht aus Südafrika bieten Fotosafaris, Kulturreisen, Sportveranstaltungen und Gourmet-Reisen an. Aber eben auch „Trophäen und Vogeljagden auf die meisten klassischen afrikanischen Tierarten an, einschließlich Großwild wie Büffel, Flusspferd, Leopard, Elefant oder Löwe in verschiedenen Regionen Südafrikas“, heißt es in der ausliegenden Broschüre. Ebenfalls darin zu sehen: zwei Männer, die stolz neben einem toten Löwen posieren. Online heißt es dazu: „Was für eine großartige Jagdwoche in der Nordwestprovinz Südafrikas an der Grenze zu Botswana im Herzen der Kalahari.“

Was sagen die Organisatoren selbst zur Diskussion um Jagdreisen? Hugo Engelbrecht ist überzeugt: Was sie anbieten, sei „besser, als vielfach kritisiert wird.“ Und er verurteilt, dass die ganze Welt bestimmen wolle, was Südafrika macht. Carlo Engelbrecht – Namensgeber des Safari-Unternehmens – ist gesprächsbereit. Fast 40 Minuten nimmt er sich an seinem Stand Zeit, um seine Sicht der Dinge zu erklären – ganz offen.

„Die Welt will bestimmen, was Südafrika macht“

Familie Engelbrecht, deren Vorfahren aus Norddeutschland kamen, lebt seit fünf Generationen in Südafrika. Carlo Engelbrecht sei „als jagdbegeistertes Kind auf dem Bauernhof in engem Kontakt mit der Natur aufgewachsen“ und ist seit 2000 als Berufsjäger tätig. Mit seinem professionellen Team an Jägern organisiere er die Reisen und ist auf der „Jagen und Fischen“ vertreten.

Also, warum auf Tiere schießen? Zum Spaß? Nein. Erstens sei die Jagd ein Hobby, wie jedes andere. „Der eine geht in die Kneipe zum Biertrinken. Der andere steht auf Autos. Wieder andere geben ihr Geld für Mode aus.“ Außerdem sei die Jagd eine Outdooraktivität, die bereits seit Menschengedenken bestehe.

Verschiedene Tierschutz-Proteste auf der „Jagen und Fischen“

Zweitens: der Natur-Aspekt. „Ich habe eine Leidenschaft und ich habe eine Liebe für Wildtiere. Ich liebe sie selbstverständlich auch lebendig.“ Er wende all seine Kraft auf, wieder einen Lebensraum für Tiere zu schaffen, in dem sie glücklich sind und sich vermehren. „Warum darf ich es dann nicht auch nutzen?“ Engelbrecht betont: „Ich bin nicht gegen neue Ideen. Aber Südafrika hat sich bewiesen. Wir haben das Nashorn zurückgebracht. Aber was passiert in den afrikanischen Ländern, wo nur noch Fotosafaris stattfinden? Die Wilderei übernimmt.“

Er ergänzt: „Aber ich bin auch ein Mensch, der ein Verdienst haben muss.“ Dieses Einkommen brauche er, um die Tiere etwa vor Wilderern zu schützen. Geld für die Instandhaltung der Zäune. Um die Straßen zu reparieren. Wenn die Zahl der Tiere dann aber drastisch steigen würde, könnten diese nirgends anders hin. In den Nationalparks sei kein Platz und in den Dörfern seien sie unerwünscht. Für Engelbrecht, der Ökologie studiert hat, ist es also eine Frage des Managements, einige Tiere zu schießen.

Aber warum schießt er die Tiere dann nicht selbst? Engelbrecht erklärt: An organisierten Jagden würden deutlich mehr Menschen in seiner Heimat Geld verdienen: Die Schlachter, der Metzger, der Gerber, ein Koch, Putzfrauen und ein Maurer, der die Lodge für die Gäste baut. „Ich unterstütze die Waffenindustrie mit dem Kauf von Munition, Waffen, Ferngläsern und vielem mehr. Kaufe beim Autohaus in meiner Ortschaft einen Pickup, den ich als Jagdwagen nutze.“ Der Shipping Agent, der die Trophäen exportiert, habe eine Arbeit. Ebenso der Spediteur in Deutschland. Und die Trophäe, das sei der Preis für den Jäger – wie eine Medaille für den Sieger beim 100-Meter-Lauf.

Doch, weiter geht es auf der „Jagen und Fischen“: Mike Redelius bietet mit dem „Norge-Fishing-Club“ Angelreisen nach Norwegen an. 300 Kunden aus dem deutschsprachigen Raum würden bei ihnen im Jahr buchen. Pauschalkritiken wie die der PETA, die behauptet, es sei geschmacklos, das Töten von Tieren als unterhaltsamen „Freizeitsport“ anzupreisen, widerspricht er bereits leicht genervt. Er betont: Sie schauten darauf, dass Mindestmaße und Schonzeiten der Fische eingehalten werden, auch im eigenen Interesse – damit der Fischbestand geschont werde. „Aber im Vergleich zu fünf Kilometer langen Netzen [von großen Schiffen, Anm. der Red.] sind wir der kleine Fisch.“ Er würde sich andere Gesetze wünschen – „und dass die Leute lernen, den ganzen Fisch zu verwerten“. Es gehe nicht nur darum, große Fische aus dem Meer zu ziehen, ihr Angebot würde vor allem eine tolle Landschaftsreise versprechen.

Die Tierschützer machen aber auch gegen Messegast Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) mobil, der an einer Diskussion zum Thema „Wolf“ teilnimmt. Sowie die V-Partei³, die zum Abschluss eine Demonstration gegen die gesamte Messe vor dem Gelände organisierte.

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