Die Saison des FC Augsburg war von vielen Höhen, aber auch einigen Tiefen geprägt. Zum Abschluss verlor man fünf Spiele in Folge und verpasste die Chance sich für Europa zu qualifizieren. So richtig glücklich war deshalb bei der Leverkusener Meisterfeier, der man in der ersten Reihe zusehen durfte, niemand, auch nicht Niklas Dorsch (26). Der Mittelfeldspieler spricht im AJ-Interview über sein Saisonfazit und warum bei ihm nach der Saison trotzdem ein positives Gefühl überwiegt. Hinweis: Dieses Interview erschien bereits im aktuellen Augsburg Journal

Augsburg Journal: Wie fällt Ihr Saisonfazit aus?

Dorsch: Im Großen und Ganzen positiv. Wir haben den Klassenerhalt schon relativ früh gesichert. Wir stehen auf einem soliden Tabellenplatz, deshalb gibt es definitiv mehr positive Dinge. Wenn man die einzelnen Phasen durchgeht, gab es wieder einige Höhen und Tiefen. Das ist aber jedes Jahr seit ich hier in Augsburg bin so. Wir sind nicht gut gestartet in die Saison, hatten am Ende ein schweres Restprogramm. Zwischenzeitlich haben wir aber wirklich gute Leistungen über mehrere Spiele hinweg gezeigt, nicht nur über eines. Das war ein Problem im Vorjahr, dass wir zu wenig Konstanz hatten. Das ist und in dieser Spielzeit deutlich besser gelungen. Wir haben viel öfter auf dem Platz gezeigt, wer wir sind und wofür wir stehen wollen. Das möchten wir für die kommende Saison noch weiter verbessern.

Niklas Dorsch: „Gott sei Dank habe ich die Blessuren mittlerweile überwunden“

AJ: Wenn Sie auf die Saison zurückblicken, dürften Sie diese wahrscheinlich klar in zwei Hälften unterteilen. In der Hinrunde haben Sie fast immer gespielt, in der Rückrunde dann fast gar nicht mehr, was ist passiert?

Dorsch: Ja, das trifft es ganz gut. In der Hinrunde war ich mit der Zeit, die ich auf dem Platz stand sehr zufrieden, die Leistungen haben größtenteils auch gestimmt. Ich wusste, dass das Jahr zuvor schwierig war, deshalb war es für mich zunächst wichtig, wieder in meinen Rhythmus zu kommen. Das hat zunächst ganz gut geklappt. Nach der Winterpause wurde ich dann recht schnell von mehreren Verletzungen zurückgeworfen. Da habe ich gemerkt, dass es doch ein längerer Prozess ist, wieder vollständig zurückzukommen nach einem Jahr, in dem ich fast überhaupt kein Fußball spielen konnte. Gott sei Dank habe ich diese Blessuren mittlerweile auch überwunden und bin froh, dass ich zum Ende der Saison noch einige Male auf dem Platz stehen konnte. Mit diesem positiven Gefühl möchte ich jetzt in die Pause gehen und mich für die nächste Saison vorbereiten.

AJ: Wieder einmal haben Sie einige Verletzungen zurückgeworfen, wie schwer ist es, sich immer wieder zurückzukämpfen?

Dorsch: Es war für mich keine große Überraschung, dass die ein oder andere Verletzung auf mich zukommen würde. Daher wusste ich, mit der Situation umzugehen. Anders als im letzten Jahr, hatte ich dieses Mal Verletzungen, bei denen ich nicht genau wusste, wie lange es dauert. Das war für den Kopf vielleicht etwas schwieriger, als wenn man weiß, okay der Fuß ist gebrochen, der Knochen braucht sechs Wochen zum Heilen und nach acht kann man wieder ins Mannschaftstraining. So habe ich jeden Tag versucht, ein Signal von meinem Körper zu bekommen, ob es nicht doch vielleicht besser wird. Aber dann wartet man auch teils vergebens, was einen mental noch ein Stück mehr belastet.

AJ: Auf Ihrer Position hat in der Rückrunde eigentlich immer Kristijan Jakic gespielt, wie haben Sie den Konkurrenzkampf wahrgenommen?

Dorsch: Das Traurige für mich war ja, dass es überhaupt nicht zu einem großen Konkurrenzkampf gekommen ist. Dennoch muss man sagen, dass Kristijan sich den Platz mit seinen Leistungen absolut verdient hat. Für mich wurde es mit jeder Woche, die ich verpasst habe, schwerer zurück in die Mannschaft zu kommen. Trotz alledem war mir klar, dass wenn ich wieder zurück im Mannschaftstraining bin, ich alles dafür geben will zu spielen. Es gibt ja auch andere Positionen, die ich spielen kann. Das hat man im Saisonendspurt gesehen, dass wir auch beide zusammen auf dem Platz stehen können.

AJ: Wie war das Feedback des Trainers?

Dorsch: Er hat mir die Zeit gegeben, von den Verletzungen wieder zurückzukommen, mir dann Schritt für Schritt mehr Spielzeit gegeben, bis ich gegen Stuttgart endlich wieder von Anfang an spielen durfte. Zwar haben wir nicht gewonnen, trotzdem hat er mir nach dem Spiel gesagt, dass er zufrieden war, mit der Art und Weise, wie ich performt habe. Das war für mich persönlich sehr wichtig.

„Es war ein Prozess“

AJ: Die Mannschaft machte dennoch in weiten Teilen der Saison einen geschlossenen Eindruck, was war der Schlüssel?

Dorsch: Es war ein Prozess, nach den ersten Spielen der Saison hätte man das sicher noch nicht so gesagt. Es gab auch in der vergangenen Saison mehrere Umbrüche, dazu wurde der Kapitän neu bestimmt, der Mannschaftsrat neu aufgestellt. Da ist es ganz normal, dass es Zeit braucht, bis jeder weiß, welche Rolle er zu tragen hat in der Mannschaft. Und jetzt sind wir an den Punkt gekommen, an dem jeder genau um seine Rolle weiß, die er vom Trainer zugeteilt bekam und diese auch so angenommen hat. Das hat uns auf dem Platz, aber auch in der Kabine wirklich besser gemacht.

AJ: Mit dem Verpassen des europäischen Geschäfts, wirkt es für viele Fans am Ende wie eine verpasste Chance, dennoch hat man den Klassenerhalt frühzeitig klargemacht. Was überwiegt in der Retrospektive?

Dorsch: Ich bin jetzt drei Jahre hier, in den letzten Jahren war es eigentlich immer so, dass wir bis zum Schluss kämpfen mussten. Das war in diesem Jahr anders, die letzten Spieltage zu bestreiten, ohne irgendetwas verlieren zu können. Ganz im Gegenteil: Wir wussten, dass wir viel gewinnen können. Trotzdem haben wir es nicht geschafft, das ausreichend in positive Energie umzuwandeln. Das ist, wenn man jetzt zurückblickt, extrem schade. Am Ende des Tages überwiegt dennoch das positive Gefühl.

AJ: Wenn man nicht so oft spielt, macht man sich da auch Gedanken um die eigene Zukunft?

Dorsch: Gedanken mache ich mir grundsätzlich nach jeder Saison. Ist man zufrieden mit sich selbst, hat man alles versucht, ist der Körper verschont geblieben? Das sind alles Fragen, die ich für mich natürlich beurteilen muss. Grundsätzlich wünsche ich mir für die Zukunft, dass ich mal eine Saison komplett verletzungsfrei bleibe und allen Leuten beweise, dass ich konstant wichtig für diese Mannschaft sein kann. Das ist auch mein großes Ziel für die kommende Spielzeit.

AJ: Ein Wechsel ist für Sie im Sommer also kein Thema?

Dorsch: Wenn man ein halbes Jahr fast kein Spiel gemacht hat, dann sollte man sich erst einmal darauf konzentrieren, in seinem alten Umfeld wieder zu gewohnter Stärke zurückzufinden. Da habe ich beim FC Augsburg einen Verein, der mir volles Vertrauen entgegenbringt und mit dem Trainer einen super Typen, mit dem ich einen super Austausch pflege.

AJ: Die EM steht vor der Tür, wissen Sie schon, ob Sie ein paar Spiele vor Ort verfolgen werden?

Dorsch: Nein, vor Ort auf keinen Fall, ich bin im Urlaub und versuche etwas Abstand zu gewinnen, abzuschalten und mir für Dinge Zeit zu nehmen, für die ich sonst während der Saison nicht so viel Zeit habe.

AJ: Welche Dinge wären das?

Dorsch: Grundsätzlich die Familie, die man nicht allzu oft sieht. Ansonsten fahre ich gerne mit dem Boot raus und gehe angeln. Da hat man dann auch nicht so den besten TV-Empfang (lacht.) Aber wenn ich dann Zeit habe und Deutschland spielt, dann werde ich natürlich mein Land supporten, gar keine Frage.

„Ich glaube, dass Deutschland sehr sehr weit kommen wird“

AJ: Wie viel trauen Sie der deutschen Mannschaft im Turnier zu?

Dorsch: Mit der Qualität, die im Kader ist, sollte man immer die Chance haben etwas zu erreichen. Man darf sich aber nicht zu sehr von den letzten Testspielen blenden lassen. Ein Turnier ist immer noch mal etwas anderes. Trotzdem glaube ich, dass Deutschland sehr sehr weit kommen wird.

AJ: Ihr Körper ist in den letzten Monaten und Jahren immer bedruckter geworden. Welche Bedeutung haben Tattoos für Sie?

Dorsch: Einige Tattoos haben eine große Bedeutung, wie die Namen meiner Eltern oder als ich verletzt war, habe ich die ein oder andere Sache mitgenommen. Manche Tattoos sollen aber einfach nur schön aussehen.

AJ: Die Beine sind noch frei..

Dorsch: Ich habe ja noch ein paar Jahre in meinem Leben vor mir und einige Ereignisse, die auf mich zukommen, für die braucht es auch noch einen Platz.

AJ: Wenn Sie sich in vier Worten beschreiben müssten, welche wären das?

Dorsch: Ehrgeizig, diszipliniert, Familienmensch und Kämpfer

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