5,5 Milliarden Euro Kosten für eine Zeitersparnis von 15 Minuten – auf diesen vereinfachten Nenner wird der Bau der Neubaustrecke der Deutschen Bahn zwischen Augsburg und Ulm gerne gebracht, vor allem, wenn Kritik an dieser Planung geübt wird. 15 Minuten Zeitersparnis, das soll diese Verbindung, die die beiden Städte etwas geradliniger verbindet, als die bereits 170 Jahre alte Bestandsstrecke (mit Amplituden in den Süden bis Dinkelscherben und in den Norden bis Offingen) tatsächlich leisten. Die Planer der Neubaustrecke betonen aber allerlei Vorzüge, die die neue Strecke für die Anwohner und Bahnnutzer – und auch für die Nutzer entlang der Bestandsstrecke – haben wird. Lärmschutz wird ebenso genannt wie Verbesserungen im Nahverkehr oder im Umweltschutz. Augsburgs Landrat Martin Sailer und sein Kreistag haben aktuell eine Liste von Optimierungen an die Planer gerichtet, um sowohl an der Neubau- wie an der Bestandsstrecke „das Bestmögliche für die Region herauszuholen.“

Mehrere Jahre lang wurde eine Trassenführung diskutiert, wurden anschließend vier verschiedene Varianten ausgewählt, aus denen nun eine Vorschlagstrasse ausgewählt, die dem Bundestag zur finalen Abstimmung präsentiert wird.

Ganz am Anfang bis Augsburg-Oberhausen und ganz am Ende zwischen Leipheim und Ulm wird sich diese Trasse auf bekanntem Gelände bewegen. Dazwischen wird die neu zu bauende Bahnlinie weitestgehend die Autobahn 8 begleiten, tangiert im Augsburger Umland entsprechend vor allem die Orte Zusmarshausen, Adelsried, und am Schluss die Stadtgrenze zwischen Neusäß und Gersthofen. Aus den betroffenen Gemeinden kommt vor allem Besorgnis wegen möglichen Lärms, von den Anrainern der Bestandsstrecke dementgegen Freude darüber, dass nicht Wohnhäuser abgerissen werden müssen, wie es für Neusäß und Diedorf im Gespräch war.

Neue Verbindung Augsburg – Ulm soll pünktlicher und zuverlässiger sein

Der Bund hat die Deutsche Bahn beauftragt, zusätzliche Kapazitäten für den Fernverkehr zu schaffen und die Fahrzeit zu verkürzen, erklärt Jakob Neumann von der Projektkommunikation Südbayern bei der Bahn. „Gemeinsam mit der Politik haben wir als Projektteam nach Möglichkeiten gesucht, einen Mehrwert für die Region zu schaffen. Mit dem möglichen Bahnhof in Zusmarshausen ist uns das ganz konkret gelungen.“ Zur Erklärung: Nachdem auch im Gespräch war, Zusmarshausen und das Zusamtal großzügig zu überbrücken, ist nun Stand der Planung, dass Zusmarshausen einen Halt an der Neubaustrecke bekommen soll.

Aber auch mittelbar profitieren die Menschen zwischen Ulm und Augsburg von einer neuen Fernverkehrsstrecke, selbst wenn sie keinen Fernverkehr nutzen, so Neumann. Denn die zusätzlichen Gleise machten Kapazitäten auf der Bestandsstrecke frei. „Momentan teilen sich Fern-, Nah- und Güterverkehr die zweigleisige Strecke. Dadurch und durch ihre Bedeutung für den Verkehr in ganz Deutschland ist sie sehr stark ausgelastet. Ein verspäteter Fernverkehrszug beispielsweise führt auch zu Verspätungen im Nahverkehr, wenn der Regionalzug den Fernverkehrszug überholen lässt. Wenn die Verkehre nun aber getrennt werden können, entspannt sich die Situation auch auf der Bestandsstrecke, die weiterhin dem Nahverkehr zur Verfügung steht. Der Regionalverkehr wird in der Konsequenz pünktlicher und zuverlässiger.“

Die neue Strecke wird güterverkehrstauglich gebaut

Die neue Strecke werde güterverkehrstauglich gebaut – das sei ausdrücklich auch im Planungsauftrag des Bundes enthalten. „Der Güterverkehr wird in Deutschland eigenwirtschaftlich betrieben. Das bedeutet, Güterverkehrsunternehmen können selbst entscheiden, über welche Strecke sie ihre Züge schicken“, so Neumann. Güterverkehr sei – je nach Ladung – der lauteste Verkehr. Was daran für die Anwohner auf längere Sicht positiv ist: „Wenn auf einer Strecke mit Güterverkehr gerechnet wird, ist das für die Anwohner oftmals vorteilhaft. Denn der Schallschutz muss so dimensioniert sein, dass die Grenzwerte auch bei langen und schweren Güterzügen eingehalten werden. Vom leiseren Personenverkehr kommt so noch weniger Schall bei den Menschen an.“ Auch weil die Hälfte der Neubaustrecke im Tunnel verlaufen soll, werden Vorteile für den Lärmschutz erwartet. Die Landschaft und die Siedlungsstruktur zwischen Ulm und Augsburg sei für die Planer herausfordernd. Eine Bahnstrecke zu bauen, war vor 170 Jahren sicher herausfordernder, als es heute ist – zumindest in technischer Hinsicht, erklärt Neumann. „Regulatorisch hatten unsere Vorfahren hingegen wahrscheinlich leichteres Spiel. In Sachen Umweltschutz, wozu auch das Schutzgut ‚Mensch‘ gehört, Natur- und Artenschutz, Verträglichkeit mit bestehenden Verkehrsbeziehungen und geplanter Infrastruktur sind die Auflagen sicher für uns heute umfangreicher.“

Die Bauleistungen werden nach Mitteilung der Bahn wie üblich ausgeschrieben. Ob Unternehmen aus der Region Angebote abgeben, könne man nicht prognostizieren. Bei einem Projekt der Größenordnung von Ulm–Augsburg handle es sich um ein Vorhaben, das nicht von einer Baufirma allein gestemmt werden könne. Vielmehr werden viele große und kleinere Unternehmen gemeinsam an der Neubaustrecke arbeiten.

Die Vorschlagsvariante ist etwa 74 Kilometer lang, geplant sind aktuell drei Brücken über das Günztal, das Kammeltal und südlich von Adelsried.

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