Cheyenne Hanson ist nicht nur eine Kämpferin im Ring, sondern auch eine, die mit ihrem äußeren Erscheinungsbild bewusst Kontraste setzt. Pinke Haare, Make-Up, auffällige Wimpern – so tritt die 26-jährige Augsburgerin auf. Doch wer glaubt, hinter dieser auffälligen Fassade steckt keine schlagfertige Athletin, der täuscht sich. „So laufe ich gerne rum“, sagt Hanson mit einem Lächeln, bevor sie sich im Ring von einer ganz anderen Seite zeigt: als Kämpferin mit K.o.-Power.

Auf den ersten Blick erkennen viele nicht, dass es sich bei der jungen Frau um eine Boxerin mit großen Ambitionen handelt. „Vor allem, wenn ich lockere Klamotten anhabe, rechnen viele nicht damit. Der erste Satz ist immer: ‘Was, du boxt?’“, lacht Hanson. Doch hinter dem extravaganten Äußeren steckt eine echte Kämpferin. 11 ihrer 16 Kämpfe konnte die Halb-US-Amerikanerin durch K.o. beenden, lediglich zweimal musste sie sich geschlagen geben. Entsprechend hoch sind auch ihre Ziele. Noch in diesem Jahr strebt die ehemalige Kickboxerin ihren ersten Weltmeistertitel an. Eigentlich hätte sie am 12. Oktober gegen die Ukrainerin Oksana Bondarenko um den WBF-Titel im Bantamgewicht geboxt, doch aufgrund des Krieges durfte ihre Kontrahentin das Land nicht verlassen. Inzwischen gibt es aber einen neuen Termin: Am 29. November findet der Kampf in der rumänischen Hauptstadt Bukarest statt, jedoch mit einer anderen Gegnerin.
Einen Kampf bestritt Hanson am 12. Oktober trotzdem. Da ihr letzter Fight bereits eineinhalb Jahre zurücklag, „wollte ich unbedingt wieder im Ring stehen, alleine um das Gefühl, vor einem Publikum zu boxen, wieder zu spüren.“ Aus angedachten zehn Runden wurden sechs und kein Titelkampf, dafür ein guter Vorbereitungsfight gegen Nana Dokadze, den „Pepper“, so Hansons Ringname, per K.o. in der zweiten Runde gewann.

Boost für Cheyenne Hanson durch Sieg im Oktober

Das Gefühl, nach 18 Monaten wieder als Siegerin im Ring zu stehen, habe nicht nur ihrem Ranking, sondern auch ihr persönlich einen richtigen Boost gegeben, erzählt sie nach dem Sieg. Die vorangegangenen Monate waren von großen Hoffnungen, aber auch mehreren Enttäuschungen geprägt. So hätte Hanson, die derzeit Fitnesswissenschaften und Ökonomie an einer privaten Hochschule studiert, im Frühjahr bereits um den EM-Titel kämpfen sollen. Aber auch dieser Kampf platzte, als sich ihre Gegnerin Karriss Artingstall an der Hand verletzte. Für Hanson ist die Sache jedoch noch nicht erledigt. „Ich werde den Kampf trotzdem noch haben. Mir egal wann, der Kampf wurde offiziell von der European Boxing Union (EBU) angeordnet, und ich habe zugesagt. Deshalb rechne ich auch damit, dass es noch passiert.“
Aktuell liegt der Fokus jedoch auf dem anstehenden Kampf in Bukarest. Ihre Vorbereitung zieht Hanson weiter knallhart durch: zweimal am Tag Training, mit Krafteinheiten im TrendyFit. Beim Sparring handhabt sie es aber anders als viele ihrer Kolleginnen und trainiert meistens mit männlichen Kontrahenten: „Auch wenn viele Experten sagen, Frauen sollten lieber nicht mit Männern trainieren, hat es für mich bislang immer sehr gut funktioniert. Wenn ich in der Vorbereitung so weit bin, dass ich im Sparring keine Probleme mehr mit ihnen habe, dann bin ich auf jeden Fall bereit für meinen nächsten Kampf. Das gibt mir immer ein gutes Gefühl.“

„Ich boxe lieber, anstatt mich an meine Gürtel zu klammern“

Allgemein würde sie am liebsten so oft in den Ring steigen wie möglich. „Ich boxe lieber, anstatt mich an meine Gürtel zu klammern. Klar, jeder kann mal einen schlechten Tag haben, aber dann boxe ich eben um einen anderen Titel oder in einer anderen Gewichtsklasse.“ Eine Einstellung, die „Pepper“ von vielen anderen Boxern und Boxerinnen abhebt und von der das Boxen in Deutschland profitieren könnte. „Es wäre ein Traum, das Boxen in Deutschland wieder populär zu machen, vielleicht sogar im Fernsehen, auf Sendern wie ZDF oder ARD.“ Dafür müsse sich allerdings einiges ändern – allen voran der Umgang mit Niederlagen. „Es ist nicht schlimm, wenn man mal verliert. Das gehört dazu. Die Engländer, bei denen das Boxen mittlerweile wieder richtig populär ist, haben das verstanden – bei uns wird das hoffentlich auch bald so sein.“

Mit ihrer polarisierenden Optik und ihrer Schlagfertigkeit bringt Cheyenne Hanson gute Voraussetzungen mit, um eine bekannte Persönlichkeit im deutschen Profiboxen zu werden. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung will sie am 29. November in Bukarest gehen.

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