23 Engel erscheinen an der Rathaus-Kulisse und verwandeln diese in einen riesigen Adventskalender: Soweit kennt man das Augsburger Engelesspiel. Doch dieses Jahr, zum 45. Auftritt, ist einiges anders, weil gerade das Rathaus saniert wird. „Regie-technische Änderungen“ nennt die Stadt das. Das AJ war backstage während einer Spielprobe dabei.

Schon allgemein sollten die Engel, allesamt ausgesuchte junge Augsburgerinnen, schwindelfrei sein: „Neben einem lieblichen Gesichtsausdruck wird Anmut in der Bewegung, Musikalität und selbstverständlich Schwindelfreiheit vorausgesetzt.“
Schwindelfreiheit sollte man aber gerade heuer wörtlich nehmen. Denn die Engel stehen – gut gesichert von je einem Mitglied der Bergwacht – am offenen Fenster. 2024 stehen auf jeder Seite zwei Fenster- und zwei Instrumentenengel plus die Bergwacht.

Sophie Krüger, die sich gerade noch in der Garderobe das Engelsgewand anzieht, sagt: „Man steht schon hoch – am offenen Fenster“. Trotzdem freut sie sich, dabei zu sein. „Ich weiß, dass ich als Kind mal auf dem Christkindlesmarkt stand und meiner Mutter gesagt habe, das will ich auch machen. Und die Lichter, die Menschen, das ist für mich Weihnachtsstimmung.“ Weiter hinten zieht sich Vanessa Schütz gerade an. Sie hatte schon Sorge, dass das Engelesspiel nicht stattfinden kann, wenn das Rathaus zu ist, erzählt sie. „Aber ich denke, ein Christkindlesmarkt ohne das weltbekannte Engelesspiel geht nicht.“

Augsburger Engelesspiel: „Strahlt und lächelt, was das Zeug hält!“

Das Engelesspiel wurde 1977 vom früheren Tourismusdirektor in Augsburg, Fritz Kleiber, erfunden. Seit dessen Tod leitet es Juliana Kraus. Die gibt noch letzte Anweisungen, bevor es für die Engel ernst wird.

Wie Amelie Harrer, die noch im CSU-Fraktionszimmer darauf wartet, die Treppenkonstruktion zum Fenster hochzusteigen. Sie erklärt uns, es sei momentan schwieriger als sonst, weil sie aus dem Fenster spielen müssen statt auf dem Balkon. Für die anderen ändere sich aber nichts. Die 21-Jährige probt heute wieder mit ihrer Posaunenattrappe. Im echten Leben ist sie auch musikalisch, spielt aber Geige.

Jetzt wird es ernst: Die Engel positionieren sich auf dem aufgebauten Steg, der zum Fenster führt. Draußen weht ein eisiger Wind über den Rathausplatz, Schneeflocken überall. „Adeste Fideles“ in der Orgelversion erklingt, während unten am Rathausplatz die Straßenbahn vorbeizieht.

Eine nach der anderen treten die jungen Frauen ein, zwei Schritte vor ans Fenster und heben den Arm zum Gruß. Jetzt ihr Einsatz, sie heben ihre Instrumente, als würden sie spielen. Heuer ist das Timing besonders wichtig, weil sich die Engel, vier auf jeder Seite, nicht sehen. Von unten betrachtet Juliana Kraus „ihre Engel“ und schreit Korrekturen herauf: „Anna, könntest du auch ein Stück vor?“
Dann geht es an die Nachbesprechung. Kraus erklärt, dass unter den geänderten Bedingungen die Szenerie einfach statischer wirke. Ihr Appell: „Strahlt und lächelt, was das Zeug hält!“

Das traditionelle Engelesspiel findet dieses Jahr jeweils um 18 Uhr an nachfolgenden Terminen statt:

  • Freitag 29., Samstag, 30. November und Sonntag, 1. Dezember
  • Freitag 6., Samstag, 7. und Sonntag, 8. Dezember
  • Freitag, 13., Samstag, 14. und Sonntag, 15. Dezember
  • Freitag, 20., Samstag, 21. und Sonntag, 22. Dezember
    Am Montag, 23. Dezember, treten die Engel um 18 Uhr auf und werden dann über Treppen bis auf das Portal vor dem Rathaus herunter steigen.

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