Sie war ein junges Mädchen mit großen Plänen, als ihre Welt im August 2014 brutal aus den Fugen geschlagen wurde. „Sie haben unser Dorf überfallen. Männer ermordet, auch meinen Vater und meinen älteren Bruder. Uns Mädchen und Frauen haben sie Gewalt angetan und uns versklavt und verschleppt“, erinnert sich die heute 29-jährige Farida Khalaf mit belegter Stimme.

Die Jesidin hat als Mitglied dieser vom IS (Terrororganisation Islamischer Staat) verfolgten ethnisch-religiösen Gruppe unfassbares Leid erfahren. Statt daran zu zerbrechen, machte sie den Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu ihrer Lebensaufgabe – als eine der rund 6.500 Überlebenden der IS-Versklavung und des Völkermords und Menschenrechtsaktivistin. Dafür wurde sie in Augsburg mit dem Mietek Pemper Preis der Universität für Versöhnung und Völkerverständigung 2024 ausgezeichnet.

Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung, zum neunten Mal gestiftet vom Augsburger Unternehmer Georg Haindl, erinnert an den Augsburger Ehrenbürger Mieczyslaw Pemper (1920-2011), der im dritten Reich aus dem KZ heraus mit Fabrikbesitzer Oskar Schindler 1.100 Juden vor dem sicheren Tod im Vernichtungslager Auschwitz bewahrte. Hollywood bescherte beiden mit dem Welterfolg „Schindler’s Liste“ ein cineastisches Denkmal.

Mut machen und Schicksale retten möchte auch Farida, weswegen sie ihre schlimmen Erfahrungen in dem 2016 veröffentlichten Buch „Das Mädchen, das den IS besiegte: Faridas Geschichte“ veröffentlichte. Auch Thema darin: sieben Selbstmordversuche, die sie – zum Glück erfolglos – unternommen hatte.

Der Grund hierfür findet sich sogar in den eigenen Reihen, weil jesidische Mädchen die Scham von klein auf eingetrichtert bekämen, so die Überlebende. „Wir glauben automatisch, dass wir uns schämen müssten, wenn so etwas passiert. Dabei sind wir ja eigentlich die Opfer. Mir fällt es heute noch schwer, das anzuerkennen“, so Farida im Interview.

Sie hat geschafft, den Gedanken eines verpfuschten Lebens abzuschütteln und sich stattdessen als „Botschafterin gegen den Völkermord“ etabliert, waren sich die Laudatoren und Jury-Mitglieder Uni-Präsidentin Sabine Doering-Manteuffel, Preisstifter Georg Haindl, Wissenschaftsminister Markus Blume, OB Eva Weber und Rabbiner Tom Kučera einig.

Farida, die inzwischen in Freiburg lebt, eine eigene Opferorganisation gegründet hat (Farida Global e.V.) und mit ihrem jüngeren Bruder sowie der sechs Monate alten Tochter an die Uni Augsburg zur Preisverleihung angereist kam, genoss den Ausflug: „Ich bin nicht zum ersten Mal in der Fuggerstadt, habe diesmal aber einige neue Ecken entdeckt und finde, es ist eine wirklich schöne Stadt!“

Lesen Sie auch: Ausgezeichnet! – Der 65. Kunstförderpreis der Stadt Augsburg

KEINE AUSGABE MEHR VERPASSEN

Erfahren Sie als Erster, wenn unser neues Magazin veröffentlicht wird – exklusiv vor allen Anderen!