Rechtsanwalt BERNHARD HANNEMANN über Rückforderungen von Corona-Hilfen – und wie man sich am besten verhält

Das Schreiben, in dem die staatlichen Rückforderungen von in der Krise gewährten Corona-Hilfen mitgeteilt wird, ist schon vielen Wirtschaftstreibenden im Großraum Augsburg auf den Tisch geflattert, andere werden es noch bekommen. Beim Augsburger Rechtsanwalt Bernhard Hannemann wurden schon rund 30 Mandanten vorstellig, die sich mit seiner Hilfe gegen die Rückzahlung wehren wollen. Hannemann: „Diese Fälle sind im Prüfungsverfahren oder beim Verwaltungsgericht anhängig. Wir sprechen von einer Größenordnung zwischen 2.000 Euro und 360.000 Euro.“ Den Lesern des AUGSBURG JOURNAL schildert der bekannte Anwalt, was Betroffene jetzt unbedingt beachten sollten.


AUGSBURG JOURNAL: Verwirrung und Wirbel herrschen um die Rückzahlung von Corona-Hilfen – auch bei uns. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?
Bernhard Hannemann: Derzeit werden in der Tat vermehrt Bescheide der IHK München versandt, die Rückforderungen oder Teilablehnungen beinhalten. Gegen diese können die Betroffenen binnen einer Monatsfrist Klage einlegen. Widerspruch gegenüber der IHK ist jedoch nicht zulässig. Aber wichtig zu wissen: Wenn man als Betroffener nichts unternimmt, dann werden die Bescheide rechtskräftig. Darüber hinaus gibt es Anhörungen zu den sogenannten Liquiditätsbeihilfen. Bescheide hierzu sind nach meinem Wissen bislang noch nicht ergangen. . Zudem soll hier nach dem Beschluss des Bayerischen Kabinetts vom 18.04 ein Erlass möglich sein. Anträge sollen ab Juli online möglich sein.


Die Ankündigung, Corona-Hilfen müssten zurückgezahlt werden, hat viele Unternehmer erreicht – und geschockt. Wie ist Ihrer Erfahrung nach die Lage in Augsburg?
Hannemann: Ich bearbeite derzeit rund 30 Fälle unterschiedlichster Größenordnungen. Das Problem ist, dass die Rückforderungen tatsächlich zeitlich sehr verzögert kommen. Die Unternehmer haben die Hilfen bereits ausgegeben und mit entsprechenden Rückzahlungsaufforderungen nicht mehr gerechnet. Genau da sehe ich aber auch eine Chance, denn dieses Vertrauen wird auch durch den Gesetzgeber berücksichtigt. In einigen Fällen scheitert ein solcher Rückforderungsanspruch nämlich daran, dass der Berechtigte zu Recht auf die Hilfe vertraut hat und auch die Zuwendung investiert hat oder die Formulierungen unklar waren. Auch das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 17.03.2023 diesen Vertrauensschutz nochmals explizit bestätigt.


Wenn ich noch keine Rückforderung erhalten habe – kann ich mich dann sicher fühlen?
Hannemann: Nein. Sicher kann man sich bei diesen Zahlungen erst sein, wenn eine Endabrechnung vorliegt. Anderenfalls muss leider mit einer Rückforderung gerechnet werden, insbesondere, wenn der Behörde Umstände bekannt werden, die eine Rückforderung begründen könnten.


Was sind die wichtigsten „to dos“, wenn Rückforderungen angemeldet werden?
Hannemann: Zunächst ist immer die Rechtsbehelfsfrist zu beachten. Wird der Betroffene zu spät tätig, ist eine Hilfe eigentlich ausgeschlossen. Die Rückforderungen müssen von einem Spezialisten geprüft werden, da im Hinblick auf die Vielzahl diverser Förderungsmöglichkeiten und Fallgestaltungen pauschale Aussagen hierzu nicht möglich sind. Auch sind die Bescheide nur bedingt durch die Gerichte überprüfbar, das heißt: Erfolgsaussichten sind insbesondere gegeben, wenn die Bescheide „ermessensfehlerhaft“ sind – also die Behörde gegen eigene Richtlinien verstößt – oder das Ermessen entgegen oder in einer „dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise“ gebraucht wurde. In diesen Fällen können Rückforderungen mit Erfolg angegriffen werden. Erläuterungen, die bei der Beantragung nicht vorgebracht worden sind, können u.U. im Gerichtsverfahren auch nicht mehr vorgetragen werden.

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