Ein weiblicher CEO mischt die Branche auf. Ende 2023 will der Gögginger Getriebehersteller Renk wieder an die Börse.

Susanne Wiegand hat die Haare in ihrem Augsburger Vorstandsbüro meist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trägt ein weißes Hemd und ein blaues Jackett. Dazu flache Schuhe natürlich. Denn Wiegand ist eine der wichtigsten deutschen Rüstungs-Managerinnen. Dazu passen keine High Heels.

Seit 2021 führt die 50-Jährige den Getriebehersteller Renk im Augsburger Stadtteil Göggingen. Renk ist mit etwa 3400 Mitarbeitern ein Schwergewicht in der Rüstungsindustrie. 850 Millionen Euro Jahresumsatz macht die Traditionsfirma, die vor 150 Jahren in Augsburg als Hersteller von Zahnrädern gegründet wurde. Etwa 75 Prozent davon als Zulieferer der Rüstungsindustrie. Egal ob die Panzer Leopard, Leclerc oder Merkava heißen. In fast jedem westlichen Kampfpanzer steckt ein Stück von Renk. Zudem ist Renk führender Lieferant von Fahrwerken und Dämpfungssystemen für militärische Ketten- und Radfahrzeuge. Renk produziert in Augsburg, Rheine und Hannover, im Schweizer Winterthur, im britischen Bath und in Sterling Heights im US-Bundesstaat Michigan. In diesem Jahr will CEO Wiegand die Milliarden-Umsatzgrenze knacken und an die Börse gehen.

Leopard 2
Im Kampfpanzer Leopard 2 sind Getriebe von Renk verbaut. Foto: Rheinmetall

Susanne Wiegand treibt die Männer in ihrer Firma an. Darin ist sie erfahren. Die gebürtige Kasselerin saß zuvor als Managerin in den Führungsetagen des Panzerbauers Rheinmetall und des U-Boot-Herstellers Thyssen Krupp Marine Systems. „Da sind schon mehr Männer um mich rum als Frauen. Manchmal bin ich die einzige Frau in Besprechungsrunden. Das ist ein Privileg“, sagte Wiegand kürzlich in einem Sat.1-Interview. Es gehe darum, dass man seinen Job macht und dass man ihn gut macht. „Da ist zwischen Männern und Frauen kein Unterschied.“

Als Wiegands Stärken gelten Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen. Vor Männernetzwerken habe sie keine Angst, sagt Susanne Wiegand. „Männernetzwerke sind ein bisschen so wie die Wurzeln eines 500 Jahre alten Baumes. Alt, verwachsen, und irgendwie kommt man schlecht an sie ran. Es brauche seine Zeit, so etwas aufzulösen“, erklärte sie einem Reporter der Süddeutschen Zeitung. Sie sagt aber auch, dass sie „kein Freund von Frauenclubs im Sinne einer Gegenveranstaltung zu den alten Zigarren- und Whisky-Zirkeln“ ist. Da sei es ihr lieber, „wenn wir uns alle miteinander mischen“.

Wiegand ist fasziniert davon, wie die Rüstungsindustrie technologisch und onnovativ Spitzenleistungen erbringt. „Wir übernehmen eine ganz große Verantwortung für die Sicherheit Deutschlands und Europas. Das spornt mich total an, aber ich habe jetzt nicht mit dem Panzer gespielt oder davon geträumt“, lacht die sympathische Brillenträgerin.

Das Industrieunternehmen Renk hat den Hauptsitz im Augsburger Stadtteil Göggingen. Foto: Renk

Jahrelang wurde sie auf ihren Job in der Rüstungsindustrie angesprochen. „Sogar im privaten Umfeld wurde man immer wieder in diese Ecke gedrückt“, erinnert sie sich. Da hieß es dann: „Boah, die macht jetzt Panzer, und Panzer sind böse.“ Die Rüstung, das war eben immer die böse Ecke der deutschen Industrie. „Das ist seit Ende Februar 2022 anders: Auf einmal sind wir notwendig geworden.“

Hintergrund ist die Zeitenwende. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 änderte sich viel im Sicherheitsverständnis der Deutschen. Und auch bei Renk in Augsburg änderte sich viel. Wiegand wurde im Mai 2021 zur Renk-Vorstands-Chefin gekürt. Sie setzte konsequent auf den Ausbau der Rüstungssparten und lag richtig damit. Einen „märchenhaften Wiederaufstieg“ nannte das die Wirtschaftswoche.

Der Finanzinvestor Triton, der die Firma Renk, die lange zum MAN-Konzern gehört hatte und dann an die Volkswagengruppe verkauft wurde, 2020 übernommen hatte, kann Susanne Wiegand dankbar sein. Etwa 800 Millionen Euro hatte Triton für Renk bezahlt. Jetzt schätzen Investmentbanker den Firmenwert auf 2,5 bis 3 Milliarden Euro. Das wird ein schönes Geschäft, den der Investor der Frau mit dem weißen Hemd und dem blauen Jackett zu verdanken hat.

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