Kleos Klatsch Künstler aus Belarus, Poetry-Slam & Stargast Gitte mit Top-Auftritt

Es war einer der bewegendsten Momente in dieser Brechtfestival-Woche: der Auftritt der freien Theatergruppe „Kupalaucy“ aus Belarus. Die fünf – zwei Frauen, drei Männer – spielten live Szenen aus Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ unter dem Titel „Fear/Furcht“. Zusätzlich gab es zwei Videos, da nicht alle der Truppe nach Augsburg kommen konnten.
Doch da oben auf der Bühne im Martinipark standen auch fünf Menschen, für die das, was sie zeigten, in ihrer Heimat seit Monaten bittere Realität ist: Angst, Verfolgung, Flucht, Propaganda und eine manipulierbare Justiz. Im Podiumsgespräch danach spürte man förmlich diese Ohnmacht. Umso bewundernswerter ihr Auftritt, wenn man bedenkt, dass einige gar nicht wussten, wie sicher die Rückkehr in ihre Heimat ist, und zudem parallel zum Auftritt Nachrichten von einem verhafteten Kollegen eintrafen.

Star Gitte Hænning mit Kleo

Brechts Werk erlangt derzeit, einmal mehr, eine erschreckende Realität ob der Gräueltaten, die vom Menschen ausgehen. Nicht nur gespielt, sondern am Beispiel der Akteure real. Die Künstler von „Kupalaucy“ können auf den Minsker Bühnen nicht spielen. Die Gruppe ist auf der schwarzen Liste der Regierung und hat Auftrittsverbot. Proben finden im Ausland und im Untergrund statt. Beim Brechtfestival war „Fear“ erstmals live zu sehen.
Da konnte man tags darauf, am Donnerstag, trotz der Ereignisse in Osteuropa, beim traditionellen Poetry Slam förmlich aufatmen. Die Frage, die über allem stand, „Schlechte Zeit für Lyrik?“, wurde positiv beantwortet. Die Aufgabe, in ihrem je eigenen Stil Bezug auf Brechts Svendborger Gedichte zu nehmen, erfüllten die vier Slam-Poet*innen Aidin Halimi aus Berlin, Mona Harry aus Kiel, Samuel Kramer aus Offenbach und Meike Harms aus Augsburg, unterschiedlich. Sie wählten Brecht-Gedichte zur eigenen Bearbeitung. So wurden Emigration und Integration, die Frage nach dem Zuhause und ob es davon eine Mehrzahl gibt oder das Gleichnis vom „Buddha vom brennenden Haus“ thematisiert. Ob der Bezug zu Brecht denn immer da war oder nur konstruiert? Sei´s drum! Es konnte gedacht, gelacht und gestaunt werden: ob der Live-Illustrationen von Maki on Tagtool aus Wien, der die Texte der Poet*innen mit Projektionsmalerei live visualisierte, der Piano-Kabarett-Einlagen des musikalischen Gastes David Weber (Davidwebersolutions) aus Berlin oder der charmanten Moderation von Johannes Elster aus Ludwigsburg.
Meike Harms, die sich mit ihren Gedanken zu einem Anstreicher und seinen Nachfolgern, gemeint ist bei Brecht Hitler, ins Finale slamte, gewann dann auch den Abend und gab allen den wohl wichtigsten Satz dieser Tage mit: „Lebe jeden Tag, als ob dieser Planet dein letzter wäre!“
Und dann kam der Freitag, der noch einmal in einer unglaublichen Deutlichkeit zeigte, wie erschreckend aktuell die Werke des Augsburger Lyrikers und Autors sind. „Die Mutter“, eine Kantate von Bertolt Brecht und Hanns Eisler wurde im kleinen Goldenen Saal zweimal gezeigt.
Unter der Leitung von Dr. Ulrich Graba trat eine so intensiv vortragende Gitte Hænning (lesend und singend) unterstützt von Mezzosopran Julia Pfänder und Bariton Manuel Wiencke auf. Die Geschichte um die Pelagea Wlassowa (erfunden von Maxim Gorki, bearbeitet von Brecht), einer einfachen Frau, deren Pragmatismus sie zur Revolutionärin macht, wurde von den jungen Damen und Herren des Chores vom Gymnasium bei St. Stephan zudem mit überzeugender Inbrunst und musikalischem Können auf die Bühne gebracht, Chapeau!
Das Brechtfestival endet am heutigen Sonntag mit „Mère Courage / Mutter Courage und ihre Kinder“ nach Brecht von Ramses Alfa und der Compagnie Louxor aus Lomé in Togo.

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