„Nick Yarris saß über zwei Jahrzehnte unschuldig im Gefängnis. Zu 105 Jahren Haft verurteilt. Der Vorwurf: Vergewaltigung und Mord… an einer Frau, der er nie begegnet ist“, schreibt das Sensemble in seiner Ankündigung. Viele von Yarris‘ Berufungsverfahren scheiterten. Am Ende sah er nur einen Ausweg: Er beantragte seine Hinrichtung. Yarris ist heute frei, schrieb mit „The Fear of 13“ ein Buch über seine Erlebnisse in der Todeszelle, auch eine Dokumentation gibt es. Das Sensemble führte im Mai eine Bühnenadaption auf.
„Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartet, wäre ich diesen Weg niemals gegangen“: Bei der zweiten Premiere in der 54 Plätze fassenden Studiobühne zieht Heiko Dietz als Nick Yarris das Publikum mit dem Monolog in den Bann. Dabei sitzt er auf einem Stuhl auf der Bühne. Die ganze Geschichte gestaltet er durch Erzählen, Gestik, Mimik. Er erzählt, wie das Leben von Yarris eigentlich schon mit sieben Jahren aus den Fugen gerät. Wie er später von Polizisten und Staatsanwälten abgeurteilt wird. Ein Leben im Sturzflug.
Nach dem Buch von Nick Yarris schafft Dietz es, mit Unterstützung von Tobias Bosse, der am Pult Licht und Geräusche einspielt oder andere Personen andeutet, die Geschichte von Nick Yarris zu erzählen: Sie lässt einen schaudern. Vor allem, wenn Dietz in Yarris‘ fast schon lakonischem Ton vom Horror der Gefängnisse erzählt: Den Wärtern, die die Insassen verprügeln. Der Totenstille als Teil der Strafe im Todestrakt.
Am Ende zeigt das Stück auf einer Leinwand die Namen von anderen unschuldigen Todeskandidaten, die ein Jahr, fünf Jahre, fünfzehn Jahre in Haft saßen.
Sensemble-Theaterleiter Sebastian Seidel erklärt, wieso sie „The Fear of 13“ aufführen
Warum dieses ernste Stück? Im Gespräch mit dem AUGSBURG JOURNAL betont Sensemble-Theaterleiter Sebastian Seidel: Einmal sei es – neben anderen – ein wichtiges Thema. „Amerika ist das Land der Freiheit, da gibt es immer noch viele Bundesstaaten, wo das Todesurteil angewendet wird, wo es nicht ausgesetzt wird, wo es viele Todesinsassen gibt. Und es ist eine Geschichte, die erzählt wird von jemandem, der authentisch berichtet. Eine echte Quelle, auf die wir zurückgreifen können, und die erzählen kann, die einen mitnehmen kann, die einen auch ergreifen kann. Und das ist ja das, was Theater können sollte: Geschichten erzählen, die die Menschen bewegen.“
Hauptdarsteller Heiko Dietz hat Yarris kontaktiert, weil er an dem Stoff interessiert war. „Dann hab ich ihm eine E-Mail geschrieben, er hat auch relativ schnell geantwortet. Dann haben wir telefoniert. Und wir kamen uns auch ‚vertraglich‘ näher – aber das ging alles mündlich, weil er da auch sehr unkompliziert war. Und er war einverstanden, dass wir das machen, und das ist daraus geworden.“ Aus Yarris‘ Büchern und Podcasts mit ihm habe er den Text extrahiert, aber immer wieder kürzen müssen.
Für den Schauspieler ist sein eineinhalb-Stunden-Auftritt nicht nur Mühe: „Das Stück zu spielen macht mir – auch wenn es vielleicht komisch klingt – viel Spaß, es ist auch eine Herausforderung. Das ist ja das Gute daran.“ Er ergänzt: „Ich spiele das sehr gerne. […] Es ist vielleicht auch der Form geschuldet, dass es direkte Ansprache ist. Es war auch ein Experiment, fast nichts tun, nur auf einem Stuhl zu sitzen und zu erzählen.“
Weitere Aufführungstermine am 20. Mai, 26. Mai und 27. Mai, jeweils um 20.30 Uhr.