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Augsburg in der Kita-Krise

Viele Augsburger Familien stehen vor einem Problem: Die Plätze in der Kinderbetreuung sind knapp, das Angebot reicht bei Weitem nicht aus, und der Druck auf die Eltern wächst. Weil die Lebenshaltungskosten steigen, sind zahlreiche Mütter und Väter gezwungen, wieder berufstätig zu werden. Doch oft scheitert der Wiedereinstieg an fehlenden Betreuungsplätzen. Die Situation bringt etliche Familien in eine finanzielle und organisatorische Schieflage.

„Wir waren zuversichtlich, dass wir einen Kita-Platz in der Nähe für unseren Sohn bekommen“, berichtet eine Augsburger Familie, die anonym bleiben möchte, aus Angst, sonst gar nicht mehr berücksichtigt zu werden. „Wir haben uns über das Kitaportal der Stadt bei drei Einrichtungen beworben. Wir wollten beide wieder arbeiten gehen.“ Auch sei es ihnen wichtig gewesen, dass ihr Sohn regelmäßigen Kontakt zu gleichaltrigen Kindern bekommt. „Nach den Absagen sind wir sehr enttäuscht, fühlen uns alleingelassen und wütend“, ärgern sich die beiden. Zudem sei ihnen ein Platz vorher mündlich zugesichert worden. Dann hieß es aber plötzlich: „Ihr Sohn passt alterstechnisch nicht in die Gesamtgruppe.“ Ungerecht sei dies vor allem, weil ein Nachbarskind im gleichen Alter eine Zusage bekam. Die Familie schildert weiter, wie schwierig sich die Suche nach Alternativen gestaltet hat: „Bei Tagesmüttern und Großtagespflegen sah es schlecht aus. Schließlich fanden wir in einer privaten Krippe in Neusäß einen Platz. Der Weg dahin war weit und die Kosten hoch, aber wir hatten keine andere Wahl“, erklären die noch immer erbosten Eltern. „Es gibt seit Jahren einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, aber leider immer noch nicht genügend Plätze. Unserer Meinung nach wird viel zu wenig in Bildung und Kinderbetreuung investiert.“

Hohe Kosten und lange Wege

Wie dieser Familie geht es vielen Eltern in Augsburg. Eine andere Mutter, die ebenfalls auf keinen Fall genannt werden möchte, berichtet: „Nach einem Umzug innerhalb der Stadt freuten wir uns auf einen Kindergarten direkt neben unserem neuen Haus. Die Enttäuschung war umso größer, als uns mitgeteilt wurde, dass unser Kind während des Kitajahres nicht die Einrichtung wechseln darf. Auch andere Kindergärten in der Nähe sagten uns ab. So mussten wir monatelang täglich einen weiten Weg auf uns nehmen, um den Betreuungsplatz in der alten Kita nicht zu verlieren.“

Viele Eltern sind vergeblich auf der Suche nach einem Kita-Platz, die Stadt Augsburg ist sich der angespannten Situation bewusst. Die zuständige Bürgermeisterin Martina Wild (Grüne) erklärt auf REPORTER-Anfrage: „Die Vergabe von Plätzen richtet sich nach klar definierten Kriterien wie Alter des Kindes, Geschwisterregelung und Erwerbstätigkeit der Eltern. Vorrang haben Kinder, deren Wohl gefährdet ist oder die besondere soziale Unterstützung benötigen.“

Keinen Kita-Platz wegen Mangel an Fachkräfte kostet

Die Nachfrage übersteige jedoch weiterhin das Angebot. Seit 2019 seien rund 1.200 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen worden, und man bemühe sich weiterhin, gemeinsam mit freien Trägern den Ausbau voranzutreiben. Ein zentraler Baustein sei dabei das digitale Kitaportal unter augsburg.de/kita-portal. Laut Wild hindere der Fachkräftemangel viele Einrichtungen daran, ihre volle Kapazität auszuschöpfen. Um dieses Problem anzugehen, setzt Augsburg auf gezielte Maßnahmen. Man fördere Quereinsteiger, biete Weiterqualifizierungen und suche auch international nach Personal. Doch das allein reiche nicht aus. Die Bürgermeisterin fordert zusätzliche Unterstützung vom Freistaat. Besonders wichtig sei eine kontinuierliche Bezahlung während der Ausbildung von Kinderpflegern. Auch freie Träger spielen eine entscheidende Rolle in der Kinderbetreuung. Robert Bläß, Personalvorstand im katholischen Kita-Zentrum St. Simpert, erläutert: „Unsere Krippen und Kindergärten sind voll ausgelastet. Im Hortbereich verzeichnen wir jedoch einen Rückgang, da Eltern zunehmend auf alternative Angebote zurückgreifen. Deshalb wurden Hortplätze vermehrt in Betreuungsplätze für jüngere Kinder umgewandelt.“

Das städtische Kitaportal bringt laut Bläß einige Schwierigkeiten. Es erschwert den persönlichen Austausch zwischen Eltern und Einrichtung: „Wichtige Bedarfe wie Integrationsplätze können oft erst nach der Zusage berücksichtigt werden.“ Zudem würden Kinder, die bereits eine Krippe besuchen, viele Kitaplätze belegen, ohne im System erfasst zu sein. Das benachteilige Eltern, die ihre Kinder zunächst selbst betreuen.

„Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, fördern wir mit unserer eigenen Akademie wir Führungskräfte, binden Mitarbeitende langfristig und sichern so die Qualität der Betreuung“, so Bläß.

Anka Leiner, Geschäftsführerin der evangelischen Träger ekita.net, betont: „Wir setzen auf Ausbildung und gute Arbeitsbedingungen, damit unsere Mitarbeitenden ihre Arbeit bestmöglich leisten können. Die wesentlichen Rahmenbedingungen in den Kitas, insbesondere die finanzielle Ausstattung, müssen jedoch auf politischer Ebene verbessert werden. Das System ist auf allen Ebenen sehr angespannt. Selbst wenn wir räumliche Kapazitäten hätten, um zusätzliche Plätze zu schaffen, könnten wir dies nur mit Unterstützung öffentlicher Zuschüsse und der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern realisieren.“

Silke Scherer, Vorständin der Arbeiterwohlfahrt Schwaben (AWO) erklärt: „Die Kommune ist für die bedarfsgerechte Gestaltung des Betreuungsangebots zuständig. Die jeweilige Betriebserlaubnis für unsere Kitas legt genau fest, wie viele Plätze wir für Kinder in den Krippen, in den Kindergärten sowie bei Horten belegen dürfen. Aufgrund der nicht auskömmlichen Refinanzierung der Kosten der Träger sehen wir uns derzeit nicht in der Lage, zusätzliche Betreuungsplätze anzubieten. Die Stadt Augsburg hat erfreulicherweise Ende 2024 beschlossen, die freiwilligen Zuschüsse an die Träger zu erhöhen. Die Kriterien für die Zuteilung und damit die genaue Höhe der Zuschüsse für die einzelnen Einrichtungen sind jedoch noch nicht bekannt. Die AWO Schwaben arbeitet laufend daran, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten die bestmögliche Qualität zum Wohle der betreuten Kinder anzubieten.“

Egal ob Stadt, kirchliche oder freie Träger, die grundlegende Problematik ist bei allen dieselbe: Es mangelt weniger an Platz, sondern an ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern.

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