Start Augsburg Journal Reporter Augsburger Polizei: „Drogen am Steuer“ auf Rekord-Niveau

Augsburger Polizei: „Drogen am Steuer“ auf Rekord-Niveau

Der Übermüdete, der Risiko-Schnellfahrer, der Trinker, der Sehschwache, der Handy-Dauerdaddler – sie alle und andere mischen sich tagtäglich in den Straßenverkehr. Seit geraumer Zeit beobachtet die Augsburger Polizei eine weitere, eine wachsende Gefahren-Gruppe: Fahrer unter Drogen, meist unter Cannabis-Einfluss, am Steuer des Autos vor allem, aber auch am Lenker des E-Bikes oder des E-Scooters. Zwar habe es auch schon früher Unfälle oder Feststellungen bei Verkehrskontrollen im Zusammenhang mit Drogen gegeben, aber seit der Teil-Liberalisierung von Cannabis in der Öffentlichkeit im vergangenen April seien vermehrt Verkehrsunfälle durch Kfz-Lenker festzustellen, die unter Drogeneinfluss Auto fahren.

Noch ist das Jahr nicht vorbei und die Statistik längst nicht vollständig, aber die Anzeichen deuten laut Polizei-Vizepräsident Michael Riederer und Hauptkommissar Mario Lauser darauf hin, dass es im Jahr 2024 einen „traurigen Höchstwert“ in Sachen Unfälle unter Drogeneinfluss geben wird. Schon in den ersten drei Quartalen ereigneten sich 42 derartige Unfälle, bei denen 14 Personen verletzt wurden. Der letzte Unfall begangen unter Drogeneinfluss, bei dem gar ein Mensch ums Leben kam, liegt gerade ein Jahr zurück. Im Oktober 2023 verletzte bei Kühbach (Kreis Aichach-Friedberg) ein 39-jähriger Autofahrer, der unter Drogen stand, einen 21-Jährigen auf einem E-Scooter tödlich.

Unfälle unter Drogen häufen sich

Grund für die auffällige Zunahme an Unfällen unter Drogeneinfluss: Selbst wenn die Polizei noch keine harten Fakten hat, liegt der Schluss nahe, dass es mit der Teil-Liberalisierung von Cannabis zu tun haben dürfte. Was die Verkehrsexperten dabei insbesondere beunruhigt: Es scheint sich eine gewisse Sorglosigkeit bei Autofahrern in Sachen „Fahren unter Drogeneinfluss“ breit gemacht zu haben, „weil man ja jetzt kiffen darf“. Aber, darauf weisen Polizei-Vize Riederer und seine Kollegen unmissverständlich hin: Allein aus dem Umstand, dass man seit 1. April straflos in bestimmten Bereichen in der Öffentlichkeit kiffen und eine gewisse Menge Cannabis mit sich führen dürfe, sei nicht abzuleiten, dass man sich nach dem Konsum auch ungeachtet des eigenen Zustandes sorglos ans Steuer setzen dürfe. Nachdem anfangs noch keine klare Regelung in Sachen „Fahren unter Cannabis“ existierte, gibt es inzwischen den Grenzwert von 3,5 Nanogramm des Wirkstoffs THC im Blut. Eine Regelung, die die Sache laut Polizei nicht unbedingt leichter macht. Denn: Anders als beim Alkohol, wo auf jeder Flasche Wein, Bier oder Schnaps drauf steht, wie viel Alkohol enthalten ist, ist das beim Rauchen eines Joints und dem THC praktisch nie feststellbar. Und anders als beim Alkohol, wo die (keinesfalls verlässliche und verallgemeinerbare) Faustregel vom Abbau von 0,1 Promille pro Stunde kursiert, gebe es bei THC keine allgemeingültigen Erkenntnisse, wann man nach einem Konsum wieder „clean“ ist. Polizeiliche Erkenntnisse scheinen darauf hinzuweisen, dass der Abbau von THC im Blut nicht gleichmäßig, sondern gerne in Schüben oder Etappen erfolgt. Was die Gemengelage zudem erschwere: „Mischkonsum“ nennt es die Polizei, wenn nicht nur verschiedene Drogen, sondern dazu auch Alkohol konsumiert werden. Das Ganze wirkt dann im Körper aufeinander ein – wie auch immer – und muss dort auch wieder abgebaut werden.

Autofahrer-Problemfall Fahrerlaubnisstelle: Während man bei der Polizei seine Strafe abbezahlen und ggf. via Führerscheinentzug „absitzen“ kann, kommt für manchen Führerschein eine Gefahr von anderer Seite – von der Fahrerlaubnisstelle. Diese Einrichtung einer jeden Stadt, eines jeden Landratsamtes, ist die Wächterin über sämtliche von ihr erteilten Fahrerlaubnisse, im Falle der Stadt Augsburg rund 280.000 Dokumente – wobei diese Zahl laut Ordnungsreferat auch verstorbene und verzogene Inhaber beinhalte. Auch an diese Stelle meldet die Polizei Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Alkohol- oder Drogenfahrten. Folge: Seit 1. April 2024 wurden 88 MPUs angeordnet, meldet das Ordnungsreferat. MPU steht für Medizinisch Psychologische Untersuchung, der Volksmund nennt sie wenig schmeichelhaft „Idiotentest“. Und wer dort schon einmal gelandet ist, kann ein Lied davon singen, wie schwer es ist, seinen Schein hier wiederzubekommen.

Bei der Fahrerlaubnisbehörde gehen monatlich zwischen 120 und 150 Mitteilungen zu Betäubungsmitteln und 30 bis 40 Mitteilungen zu Alkohol ein, so das Ordnungsreferat. Es werde jedoch nicht erfasst, ob die Mitteilungen zu Betäubungsmitteln in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen. Eine signifikante Mehrung der Meldungen im Bereich Betäubungsmittel vor allem seit der Teil-Liberalisierung von Cannabis am 1. April 2024 sei nicht zu verzeichnen.

Augsburger Polizei: Wie auf Drogen getestet wird

Dann ist es so weit, die rote Kelle winkt den Autofahrer rechts raus, „allgemeine Fahrzeugkontrolle, den Führerschein und Fahrzeugschein bitte.“ So weit kein Problem, dann fragen die Streifenpolizisten nach Alkohol- und Drogenkonsum. Und sie bieten, so heißt es offiziell, einen entsprechenden Test an Ort und Stelle an, etwa weil sie „eine Fahne“ (Alkoholgeruch) oder gar sogenannte „Ausfallerscheinungen“ (Lallen, unsicherer Gang…) festgestellt haben. Beim Alkohol ist das Prozedere weithin bekannt, man muss blasen, bis das Gerät piept, dann kann der Messwert abgelesen werden. Bei Drogen beschreibt Polizeioberkommissarin Katharina Baur auf einem Pressetermin mehrere Formen von Tests, mit denen die Streifenpolizisten prüfen können, wie es um die Fahrtauglichkeit eines Probanden bestellt ist. Zittern die ausgestreckten Hände? Trifft der Fahrer problemlos mit dem Zeigefinger seine Nasenspitze? Kann er die Dauer von 30 Sekunden abschätzen? Und dann: Aus dem Streifenwagen wird ein kleiner Plastikbecher geholt, Zeit für eine Urinprobe. Drei Tröpfchen nur wollen die Beamten auf einen Tester träufeln, der jenem beim Coronatest ähnelt. Zunächst aber sollte der Proband in das Becherchen pieseln. Für Männer, wenn sie sowieso gerade „müssen“, schaffbar. Für Frauen auch? Polizistin Baur erklärt: Ähnlich wie bei jedem, der das Alkohol-Blasen verweigert, bestehe auch beim Drogentest die Möglichkeit, den Prüfling auf die Wache mitzunehmen, wo ein Bluttest von einem Arzt vorgenommen wird.

Wie zu viel Alkohol kann sodann das dicke Ende folgen, dann, wenn der Test ein positives Ergebnis anzeigt: Man hat eine Straftat begangen, der Vorfall wird von der Polizei der Staatsanwaltschaft vorgelegt, eine dicke Geldbuße und der Führerscheinentzug drohen. Wohl kaum ein Autofahrer wird in der konkreten Situation Verständnis dafür aufbringen, dass er jetzt nicht mehr weiterfahren darf. Aber wohl jeder Autofahrer dürfte erleichtert sein, wenn er sicher ist, dass die Lenker auf der Gegenfahrbahn fahrtauglich sind. Nichts anderes will die Polizei erreichen, erklärt Michael Riederer und hofft auf Verständnis für das Tun seiner Kolleginnen und Kollegen. So wie beim Alkohol jetzt vermehrt auch bei Drogen im Straßenverkehr.

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