Start News Bauernproteste in Augsburg: Warum Augsburger Jungbauern die letzten Eskalationen verurteilen

Bauernproteste in Augsburg: Warum Augsburger Jungbauern die letzten Eskalationen verurteilen

Sie sind Landwirte, jung und voller Arbeitsdrang. Aber vor allem sind sie eines: besorgt um Ihre berufliche Zukunft. Hanna Lieb (21), Maximilian „Maxi“ Ludwig (24) und Markus Igl (26) waren Teil der Bauernproteste in Augsburg und München. Mit großen Plakaten bestückten sie ihre schweren Traktoren und sperrten die Straßen, Auffahrten und Kreuzungen. Sie protestierten. Gegen die Sparpläne der Bundesregierung, bei welchen unter anderem Agrardieselsubventionen gestrichen werden sollen – aber vor allem protestieren sie für die Zukunft der Landwirtschaft. Bei einer nicht angemeldeten Protestaktion in Biberach am Aschermittwoch kam es nun zu mehreren Eskalationen und Festnahmen. Hanna, Maxi und Markus sehen die gewaltvollen Proteste kritisch.

Hier das gesamte Interview

An die Bauernproteste in Augsburg und in München erinnern sich die drei Jungbauern aus dem Augsburger Umland positiv. „Der Zusammenhalt war super! Metzgerinnung, Handwerksinnung – sie waren alle da und haben jeden mit Essen und Getränken versorgt. Es war wunderschön, friedlich. Wir haben unser demokratisches Recht aufgerufen und gegen unsere Bundesregierung demonstriert“, erzählt Maxi. Aggressives Verhalten ist für ihn da fehl am Platz: „Für mich ist auch ein ganz großer Punkt – siehe Berlin und das Brandenburger Tor: keine Sachbeschädigung. Das zahlt ja am Schluss auch wieder der Steuerzahler. Bei den Bauernprotesten in Berlin wurden diese Wahrzeichen geehrt. Die Bauern haben nichts beschädigt, sie haben ihre Schlepper davorgestellt und Fotos gemacht. Man ist ja stolz auf solche Dinge“.
Im Gegensatz zu den Vorfällen in Biberach habe es in Augsburg fast ausschließlich gute Resonanz von Außenstehenden gegeben. „Es gab ein großes Lob von der Polizei oder auch von den Notärzten. Die kamen teilweise besser durch als bei normalem Verkehr. Von Anfang an wurde darauf hingewiesen: ‚Seid aufmerksam, passt auf Pflegedienste, Rettungsdienste und Feuerwehr auf, die haben alle Vorrang.‘ Man muss auch dazusagen, Landwirte sind oft selbst Teil der Freiwilligen Feuerwehr. Die sind das so gewohnt“, so Markus, der sich die Ausfälle im benachbarten Bundesland nicht erklären kann.

Friedliche Bauernproteste in Augsburg gegen Bundespolitik

Aber weshalb gehen die Bauern überhaupt auf die Straße? Markus und Hanna haben darauf eine Antwort: „Es fängt bei der Streichung von Agrardieselsubventionen an. Das war jetzt der Gipfel des ganzen Eisbergs der letzten zwanzig Jahre. Und ich möchte dabei explizit auf die letzten zwanzig Jahre eingehen. Jedes Jahr kommen irgendwelche neuen Auflagen, die einfach auf keiner wissenschaftlichen Basis mehr sind. Sowas wie eine Flächenstilllegung von vier Prozent für den Artenschutz: Wenn ein Bauer 100 Hektar Land besitzt, dann sind das vier Hektar, die er stilllegen muss. Bei einem Betrieb mit 1000 Hektar sind das schon 40 Hektar (rund 55 Fußballfelder Anm. d. Red.). Und dann wird gesagt, wir haben nicht genügend Lebensmittel. Wir müssen Dünger einsparen, wir müssen Pflanzenschutz einsparen, wir müssen aber auch die Qualität und die Menge herbringen. Das sind Sachen, die sich widersprechen. Da fehlt die fachliche Praxis. Uns werden von einer Regierung, die gar keine Ahnung von den eigentlichen Abläufen hat, immer mehr Vorschriften angeschafft“, erklärt Markus die Problematik. Hanna bestätigt das: „Gerade in der Landwirtschaft wurden uns in den letzten zwanzig Jahren Ideologien auferlegt, die praxisnah nicht umsetzbar sind. Die Flächenstilllegung ist jetzt zum Beispiel auch eine Maßnahme, die einfach beschlossen wurde, die aber nicht entlohnt wird. Jedes Jahr kommen wieder Auflagen, die Geld kosten, das man aber nicht wieder reinbringt. Du kannst solche Dinge als Landwirt ja nicht wie andere Unternehmen einfach umlegen. Man kann seine Preispolitik nicht entscheiden. Das wird einfach vorgegeben.“

Gewalt verurteilen die drei grundsätzlich. Sie setzen auf friedliche und vor allem angemeldete Proteste und diplomatisches miteinander Reden. „Wir wollen gemeinsam ans Ziel kommen. Es ist niemand gegen mehr Tierwohl und niemand ist gegen Auflagen für den Umweltschutz. Wir arbeiten so gut wie es geht mit dem Volk, wir sind ja auch einfach nur Normalbürger“, sagt Hanna. „Lasst den Bauern wieder Bauer sein. Habt mehr Vertrauen, wir wollen euch nicht vergiften. Jeder von uns hat eine Ausbildungszeit von fünf bis sechs Jahren hinter sich und dennoch vertraut man uns nicht. Einfach mal miteinander reden und sagen: ‚Hey, wie könnt ihr das am besten umsetzen, wie kriegen wir das gemeinsam hin, damit gute Lösungen gefunden werden können?‘“, so Markus abschließend.

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