Für Constantin Frantzen war das Jahr 2024 ein ganz Besonderes. Zum ersten Mal in seiner Tenniskarriere spielte er die vier größten Turniere des Jahres – die Grand Slams. In Wimbledon erreichten er und sein damaliger Doppelpartner Hendrik Jebens sogar das Viertelfinale. Warum der Augsburger ab sofort nicht mehr mit Jebens, sondern mit Alexander Erler zusammen spielt, welchen Gänsehautmoment er erlebte und was seine Ziele für die laufende Saison sind, darüber sprach unser Augsburger des Jahres 2023 im Gespräch mit dem Augsburg Journal.
„Es kam von meiner Seite aus, weil ich einen neuen Schritt in meiner noch so jungen Karriere machen wollte“, erklärt Frantzen den Wechsel von Jebens zu Erler. „Am Ende des Tages ist Tennis eine individueller Sport, jeder ist sein eigener Spieler.“ Was im ersten Moment hart klingt, ist in der Szene gängige Praxis – Ende 2022 trennte sich zum Beispiel das überaus erfolgreiche Deutsche Doppel Kevin Krawietz und Andreas Mies, das zusammen sogar die French Open gewann. Für Frantzens neuen Partner Alexander Erler sprach vor allem eine gemeinsame Historie. „Wir sind damals zusammen in München zur Schule gegangen und genau vor zehn Jahren haben wir gemeinsam unseren ersten Profititel auf der Future Tour geholt.“ Danach trennten sich die Wege, Erler brach die Schule ab und konzentrierte sich auf seine Tennis-Karriere, während Frantzen aufs College ging und darüber den Sprung in die Tennis-Elite schaffte.

In weniger als acht Monaten katapultierte sich Frantzen mit Jebens in die Top 70 – und spielte prompt alle vier Grand Slams. Der Höhepunkt: das Wimbledon-Viertelfinale. Doch danach wurde es durchwachsen. „Ich habe gespürt, dass ich in Zukunft etwas anderes brauche“, erklärt er. Die Freundschaft zu Jebens? Die bleibt, versichert Frantzen. „Klar, war es keine einfache Situation für ihn, doch wir sind im Guten auseinandergegangen, aber wir haben in der Vergangenheit eine Freundschaft entwickelt und die besteht auch weiter.“
Wie Tennis-Profi Constantin Frantzen mit seinem neuen Doppel-Partner Alexander Erler oben angreifen will
Mit Erler hat Frantzen nun große Ziele. Der Sprung in die Top 30 der Welt soll gelingen. „Wir wollen uns etablieren und ein paar der alten Hasen aus den Top-Rängen verdrängen.“ Dazu bedarf es weiterer Top-Leistungen, und zwar auf jedem Belag. Um diese konstant zu erreichen, hat Frantzen in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv an seinem Spiel gearbeitet. „Wir versuchen gerade viel, das Serve & Volley-Spiel, aber auch allgemein die Volleys zu verbessern, aber es ist auch wichtig, dass man an den Basics schraubt und alles, was man sich erarbeitet hat, aufrechterhält.“
Bis Rang 45 schraubte sich Constantin Frantzen in der Weltrangliste im letzten Jahr nach oben, vor allem dank der fantastischen Rasensaison, in der er bei mehreren Turnieren das Halbfinale erreichte und beim prestigeträchtigsten Turnier von allen das Viertelfinale. „Wimbledon war mein absolutes Highlight, alles andere wäre gelogen. Dass wir dort in die zweite Woche kommen, das an Eins gesetzte Doppel schlagen und das in der nächsten Runde noch mal bestätigen, war natürlich mega“, erinnert er sich gerne an den letzten Sommer zurück. „Außerdem habe ich dort meine Eltern für die zweite Runde einfliegen lassen. Dass ich diesen Erfolg mit ihnen teilen konnte, das war die Erdbeere on top.“
Nicht nur sportlich war das Turnier in Wimbledon für Frantzen das absolute Highlight, auch abseits des Platzes sorgte ein spezieller Moment für Gänsehaut beim sonst so entspannten Profi. „Nach dem Sieg in der zweiten Runde habe ich am Royal Eingang Roger Federer gesehen. Der ist mein absolutes Tennis-Idol. Da mein Trainer ihn sehr gut kennt, sind wir dann auch ins Gespräch gekommen und da bin ich wirklich sehr nervös geworden“, erzählt Frantzen und fügt an: „Da hatte ich richtig Gänsehaut, obwohl er am Ende des Tages ja auch nur ein Mensch ist, der mit Wasser kocht.“
Nicht nur Federer, auch anderen Größen des Sports wie Novak Djokovic oder Stan Wawrinka begegnet Constantin Frantzen mittlerweile beinahe jede Woche. „Den Stars zu begegnen, mit denen ich als kleiner Junge im Fernsehen praktisch aufgewachsen bin, das hatte für mich letztes Jahr immer so einen Wow-Effekt.” Je länger man aber auf der Tour sei, desto normaler werde es. Auch die finanziellen Herausforderungen sind deutlich kleiner geworden. „Dank der guten Ergebnisse letztes Jahr kann ich es mir leisten, für 15 Wochen meinen Trainer mitzunehmen, egal wie es läuft.“ Laut der offiziellen ATP-Website hat der Augsburger in seiner jungen Karriere bereits etwas mehr als 300.000 Dollar Preisgeld eingespielt – „und wenn man noch besser spielt, dann wird es in diesem Geschäft natürlich sehr schnell noch deutlich mehr.“
Die Basis ist gelegt: Mit seinem neuen Partner will Frantzen weiter nach oben. Die Grand Slams sind nicht mehr nur ein Traum, sondern Realität. Und wer weiß? Vielleicht geht es schon bald nicht mehr nur ums Mitspielen – sondern um Titel. Den der Deutschen Meisterschaft hat er mit dem TC Großhesselohe im letzten Jahr bereits geholt. „Die Meisterschaft direkt im ersten Jahr zu gewinnen und als Spieler dabei ungeschlagen zu bleiben, das war ein kleines Märchen.“ Eines, das er in diesem Jahr wiederholen will.
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