Für Elena Lilik ist die anstehende Kanuslalom-Saison keine wie jede andere. Noch nie waren ihre Chancen so hoch, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Nach der Vorbereitung im warmen La Reunion steht für die 25-Jährige noch ein paar Wochen Vorbereitung am heimischen Eiskanal sowie in Leipzig an, ehe es bei der Nationalen Qualifikation im April ans Eingemachte geht.
Elena Lilik zählt bei den Kanuslalom-Wettbewerben zu einer der wenigen Frauen, die sowohl bei den beiden klassischen Wettbewerben, dem Kajak (Doppelpaddel) und dem Canadier Einer (Einzel- bzw. Stechpaddel) teilnehmen und bei beiden gleichermaßen zur Weltspitze zählen. Kein einfaches Unterfangen. „Wie mache ich das, keine Ahnung, das frage ich mich auch häufig. Bei den Frauen kommt es öfter vor, dass man beide Disziplinen macht. Da schaut man sich im Ziel auch mal ungläubig an und fragt sich, wie man die nächsten Wettkämpfe noch schaffen soll“, erzählt die Canadier-Weltmeisterin von 2021. Die Entscheidung, beide Disziplinen zu verfolgen, bietet aber nicht nur Nachteile. Neben mehr Chancen auf Medaillen bietet laut Lilik vor allem das mehrfache Befahren derselben Strecke einen Vorteil. „Dadurch, dass ich das schon seit dem Jugendalter mache, hatte ich genügend Zeit, mich in beiden Kategorien zu entwickeln, dass es für die Weltspitze reicht. Man kann aus der jeweiligen Kategorie immer etwas für die andere mitnehmen, egal ob Wassergefühl oder die Technik“, sagt sie. Dennoch ist es für die gebürtige Weimarerin nicht ausgeschlossen, in Zukunft nur noch eine der beiden Disziplinen zu betreiben, eine Entscheidung ist aber längst nicht getroffen. Der Fokus richtet sich vielmehr auf die anstehende Saison, die sie weiter frei nach ihrem Motto „Warum soll ich mich auf eine Disziplin spezialisieren, wenn ich in beiden Medaillen holen kann“, bestreiten wird.
Elena Lilik: „Im Canadier rechne ich mir etwas höhere Chancen aus“
Der Start in Paris ist für die Slalomkanutin dabei noch keinesfalls gesichert. Um an den Olympischen Spielen teilzunehmen, muss man die nationale Qualifikation gewinnen. Lediglich eine Kanutin darf ihr Land pro Wettbewerb vertreten. Im Falle Liliks könnte es sogar sein, dass sie sowohl im Kajak, als auch im Canadier für Deutschland an den Start geht. Die Konkurrenz ist mit Olympiasiegerin Ricarda Funk (Kajak) und Bronzemedaillengewinnerin von Tokio Andrea Herzog (Canadier) allerdings prominent besetzt. „Im Canadier rechne ich mir etwas höhere Chancen aus, Andrea hatte letzte Saison nicht ihr bestes Jahr. Aber man bekommt nicht mit, wie ihre Vorbereitung läuft. Da kann viel passieren. Ich weiß nicht, woran sie gearbeitet hat, deshalb ist es schwer einzuschätzen“, erklärt die Schwabenkanutin.
Mentale Unterstützung erhält Lilik von ihrem Mann sowie aus ihrer sportbegeisterten Familie, ihr Vater Thomas Apel ist Kajak-Bundestrainer und ihre jüngere Schwester ebenfalls Slalomkanutin bei Schwaben Augsburg. „Von meiner Familie kam immer 100 Prozent Support und Verständnis. Mein Mann weiß, was mental abgeht, er ist auch Leistungssportler. Man kann über seine Gefühle und Gedanken reden. Das gibt einem enorm viel Sicherheit.“ Aktuell muss dieser Austausch aber berufsbedingt öfters via FaceTime stattfinden. Elenas Mann, Leon Lilik arbeitet derzeit als Athletiktrainer beim diesjährigen DEL-Meisteranwärter Bremerhaven Fischtown Pinguins. „Wir haben schon, nachdem wir uns kennengelernt haben, in einer Fernbeziehung gelebt und ich will seinen Träumen auf keinem Fall im Weg stehen. Mir geht es ja auch viel besser, wenn ich sehe, wie ihn dort die Arbeit erfüllt“, erläutert die ebenfalls Eishockey-begeisterte Augsburgerin. Auch die gegenläufigen Saisons, Eishockey in den Herbst- und Wintermonaten, Kanu im Frühling und Sommer, führen dazu, dass vor allem die Urlaubsplanung nicht die Einfachste ist. „Da einen Termin zu finden ist sehr tricky bei uns“, sagt Lilik, aber es gibt auch Vorteile: „Dadurch, dass er fertig ist, wenn meine internationale Saison anfängt, kann er bei meinen Wettkämpfen vorbeischauen.“
Klappt es mit der Qualifikation, wird er sich die Olympischen Spiele in Paris sicher nicht entgehen lassen.
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