Gastro-Test gustavo
Gastro-Test gustavo

Die Zeichen in der Gastronomie stehen noch immer auf Sturm, insbesondere die drohende Mehrwertsteuererhöhung hängt wie ein Damoklesschwert über den Kalkulationen, aber auch der Personalmangel zwingt viele Betriebe zu reduzierten Öffnungszeiten. Hoch anzurechnen ist es da jungen Enthusiasten, die den Schritt zur Selbständigkeit im eigenen Lokal wagen. Und noch mutiger ist es – insbesondere in Augsburg – mit einem Konzept anzutreten, das sehr ambitionierte und ungewöhnliche Geschmackskreationen (häufig mit eingelegten und fermentierten Zutaten) in den Mittelpunkt stellt. Gustavo Carena und Simon Zerle haben diesen Mut – und wir haben ihre Ideenküche unter die Lupe genommen…

Ambiente ★ ★ ★ ★

Zwei puristische Gasträume, einer davon mit einem geschichtsträchtigen kleinen Kreuzgewölbe, lassen das Hauptaugenmerk auf den Spirit richten, der im ehemaligen „Nikos Tavernaki“ (das vom Hunoldsgraben unter dem Namen „Nikos Werkstatt Enothek“ an den Mittleren Lech gezogen ist) Einzug gehalten hat: Das Hauptaugenmerk liegt auf den Speisen. Die Atmosphäre ist eine gelungene Symbiose aus historischem Bau und zeitlos-schlichter Modernität.

Essen im gustavo ★ ★ ★ ★

Ja, die kleine Karte verblüfft wirklich mit nicht alltäglichen Kreationen! Wir testeten zuerst beide an diesem Wochentag offerierten Vorspeisen: Das Linsen Dal mit Curry, Tomatillo-Salsa und scharfer Ananas (10,- €) bot fruchtig-feurige Komponenten und somit einen spannenden Kontrast. Die Vacherin AOP Espuma mit Apfel, Oregano und Schmelzzwiebeln (9,- €) entlockte dem cremig-würzigen Schnittkäse eine lässige Leichtigkeit, die uns ebenfalls sehr gut gefiel. Die folgenden drei Hauptgerichte lösten dann bei uns ganz unterschiedliche Reaktionen aus: Der pochierte Lachs auf Kokosschaum mit Süßkartoffelcreme und Steckrüben (21,- €) war für einige das geschmackliche Highlight, andere empfanden die Aromatik als insgesamt zu süß – eines war jedoch unstrittig: der Fisch kam auf den Punkt gegart an den Tisch. Ein wunderbares Geschmackserlebnis bot das Gulasch mit Kartoffeln, Weißkohl und der unverwechselbar rauchigen Pimentón de la vera-Paprika (19,- €); wobei die Textur der Gulaschsoße uns doch etwas dünn erschien. Das dritte Gericht, ein Stir Fry mit roten Zwiebeln, Aubergine, Kochbanane und in Sojasauce gekochten Glasnudeln (16,- €) riss uns dann zu keinerlei Begeisterungsstürmen hin. Von der zu homogenen Konsistenz der Zutaten und einer Geschmacksbandbreite ohne Höhen und Tiefen bis hin zur Optik – das machte so einfach keinen Spaß…schade! Kurz darauf ein versöhnliches Dessert-Highlight: Der Bananen Cheesecake mit Dulce de Leche (Karamellcreme) und Minze Granitée (9,- €) war schlichtweg eine Sensation! Fazit: Experimente gelingen halt nicht immer. Aber: Noch selten haben wir beim Essen so angeregt kontrovers über das Essen diskutiert – mehr Lob geht eigentlich nicht, oder? Deshalb gibt´s dennoch eine „sehr gut“-Bewertung und wir werden demnächst sicher auch noch die wohl noch aufwändigeren Menüs (immer Freitag und Samstag) probieren.

Trinken ★ ★ ★ ★

Die Weinkarte bietet eine sorgfältig selektierte und preislich keineswegs abgehobene Auswahl. Unsere persönlichen Highlights waren der Vernaccia San Gimignano DOCG von Panizzi (0,75l zu 31,- €) mit seinen vielschichtigen Fruchtaromen und der ebenfalls herrlich fruchtige sardische Vermentino Prendas DOC von Dolianova (0,75l zu 24,50).

Service ★ ★ ★ ★

Die Servicequalität im gustavo war tadellos – die von uns im direkten Gespräch mit den beiden Inhabern (und Köchen) vorgetragenen Kritikpunkte wurden zudem wirklich aufmerksam aufgenommen – keine Selbstverständlichkeit!

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