Nicht zum ersten Mal unternehmen die Freien Wähler (FW) mit ihrem Bundesvorsitzenden und bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger den Versuch, in den Deutschen Bundestag einzuziehen. Eine wichtige Rolle sollen dabei Prominente aus der Kommunalpolitik spielen, so wie der Gersthofer Bürgermeister Michael Wörle. Er nimmt das Direktmandat für Augsburg-Stadt ins Visier, das die letzten drei Mal Volker Ullrich für die CSU erobert hatte.

Wörles Motivation für seine Bundestagskandidatur erklärte der 57-Jährige jetzt bei zwei FW-Veranstaltungen in München und in Geiselwind: „In Berlin sind von den mehr als 730 Abgeordneten gerade einmal eine Handvoll Bürgermeister kleinerer Kommunen dabei. Die Leute, die in Berlin etwas entscheiden, haben oftmals zu wenig Rückkopplung zur Basis und zu unserem Land. Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun. Das sagte mir ein Handwerksmeister aus meinem Landkreis und das ist mein Motto. Die kommunale Sprache der Freien Wähler und der Sachverstand fehlen in Berlin, das müssen wir dringend ändern.“ Wörle bezog sich auf seine Funktion als Chef einer Stadt mit 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Haushaltsvolumen von 140 Millionen Euro.

Volker Ullrich wollte auf Anfrage des REPORTER die „Causa-Wörle“ nicht ausführlich kommentieren und verwies darauf, dass jeder zur Wahl antreten könne. Zum Versuch der Freien Wähler und anderer kleiner Parteien, in den Bundestag einzuziehen, gab er allgemein zu Protokoll: „Wer kleinen Parteien wie der FDP oder den Freien Wählern seine Stimme gibt, der schwächt das Bürgerliche Lager und verhindert den mehr als nötigen Politikwechsel in Deutschland“.

Michael Wörle: Die fünf-Prozent-Hürde könnte ein Problem für die Freien Wähler werden

Das Problem der Freien Wähler: Zum Einzug in den Bundestag in Berlin braucht eine Partei üblicherweise mindestens fünf Prozent aller bundesweit abgegebenen Stimmen. Diese Hürde war immer wieder zu hoch für die eine oder andere Partei, bei der Wahl 2021 zum Beispiel für „Die Linke“ (4,9 Prozent) – auch für die Freien Wähler (2,4 Prozent). Dennoch schaffte es „Die Linke“ in den Bundestag – „Grundmandatsklausel“ nennt sich das dazugehörige Zauberwort, das nun auch den Freien Wählern helfen soll. Denn laut aktueller Umfragewerte liegen die FW nicht zuverlässig über fünf Prozent der Wählerstimmen. Freilich ist nicht ausgeschlossen, dass die FW die Fünf-Prozent-Hürde bei der Wahl am 23. Februar 2025 noch schaffen, hat die Gruppierung doch in Teilen der Republik durchaus ein spürbares Wählerpotential. Nicht weniger als 13 Landräte stellen die FW in Bayern, dazu zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, außerdem vier Minister in Bayern.

Die Prominenz ihrer Kommunalpolitiker könnte nach Kalkulation der FW-Parteispitze helfen, so wie nach der vergangenen Wahl „Die Linke“ nun auch die Freien Wähler in den Bundestag zu hieven. Die erst kürzlich verfassungsgerichtlich bestätigte Grundmandatsklausel besagt vereinfach dargestellt: Parteien, die zwar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, die aber – im konkreten Fall – drei Direktmandate errungen haben, dürfen anteilig mit so vielen Abgeordneten ins Parlament einziehen, wie sie insgesamt Stimmen erreicht haben.
Diesem Beispiel nachzueifern, haben sich die Freien Wähler auf die Fahne geschrieben. Zunächst vier „Promis“ wurden dieser Tage präsentiert, darunter der parteifreie Gersthofer Bürgermeister Michael Wörle. Er soll im Wahlkreis Augsburg-Stadt antreten und dort das Direktmandat erringen. Diesen Wahlkreis verteidigte 2021 der CSU-Bewerber Volker Ullrich mit „nur“ 28,1 Prozent der Erststimmen – bei namhafter Konkurrenz beispielsweise durch Claudia Roth (Grüne, 20,6 Prozent) und Ulrike Bahr (SPD, 18 Prozent). Um einiges uneinnehmbarer scheint offensichtlich der Stimmkreis Augsburg-Land, in dem Wörles Heimatstadt Gersthofen liegt. Hier errang 2021 der CSU-Kandidat Hansjörg Durz deutliche 40,6 Prozent der Stimmen. Und dort tritt auch die neue SPD-Sympathieträgerin Heike Heubach an. So wie Wörle in Augsburg, so soll die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller ebendort das Direktmandat für die Freien Wähler holen, genau wie ihr Landrats-Kollege Peter Dreier in Landshut. Freilich steht auch FW-Chef Hubert Aiwanger im Wahlkreis Rottal-Inn zur Direktwahl bereit.

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