Langsam wird es ernst für die deutschen Slalomkanuten. Im April steht die Qualifikation für den Nationalkader und damit auch die Entscheidung an, wer Deutschland in der jeweiligen Disziplin bei den Olympischen Spielen in Paris repräsentieren darf. Einer für den Olympia nichts Neues mehr ist, ist Hannes Aigner. Dreimal nahm er bereits an den Spielen teil, zweimal konnte er eine Medaille holen. 2012 in London und 2021 in Tokyo gewann er jeweils die Bronzemedaille.

Genug vom Kanuslalom hat Aigner, wie er im Gespräch mit dem Augsburg Journal erzählt, trotzdem noch lange nicht. „Für mich ist nach diesem Jahr noch ein weiterer Olympiazyklus drin“, sagt der 35-Jährige selbstbewusst. „Los Angeles 2028 wäre jetzt in meinen Augen von den körperlichen Voraussetzungen her überhaupt kein Problem.“ Dennoch richtet sich der Blick erst mal auf die unmittelbar anstehenden Aufgaben. Nach einem schwierigen und von Verletzungen geprägtem Jahr 2023, fühlt sich Aigner in diesem Jahr wieder deutlich fitter und bereit bei der nationalen Qualifikation aufzutrumpfen. Das gelang ihm im vergangenen Frühjahr nicht zu seiner vollen Zufriedenheit. „Da bin ich nicht so gut gefahren und habe es nur ganz knapp unter die ersten drei ins Team geschafft, dieses Jahr muss es Platz Eins sein“, ist sich der Augsburger der Herausforderung bewusst. Blickt man auf die Resultate der vergangenen Jahre, liegt die Favoritenrolle jedoch klar in Aigners Hand. „Bei Weltcups, Europameisterschaften und Weltmeisterschaften in den vergangenen fünf Jahren kann ich an einem Finger abzählen, wie oft ich nicht der beste deutsche Athlet war. Wenn es danach geht, sehe ich mich schon als bestes deutsches Boot, aber so einfach ist es leider nicht.“

Hannes Aigner: Wenn es nicht klappt, dann platzt kein Lebenstraum

Allgemein geht Aigner die Olympiaqualifikation im Kajak Einer entspannter an, als noch zu Beginn seiner Karriere. „Es wäre cool und ist auch mein Ziel, noch ein viertes Mal zu Olympia zu kommen. Aber wenn es nicht klappt, dann platzt kein Lebenstraum.“ Dafür, dass im Juli doch die vierte Olympia-Teilnahme gelingt, investierte er in den vergangenen Monaten viel Zeit. Wie viele seiner Kollegen reiste er zum Trainingslager nach La Reunion. Dort begleitete ihn in diesem Jahr auch seine Familie. Der Weltmeister von Rio de Janeiro 2018 ist nämlich nicht nur Vollblutsportler, sondern auch Ehemann und Vater zweier Jungs. „Wir haben uns ein schönes Leben aufgebaut, in einem anderen Beruf könnte ich wahrscheinlich nicht so viel Zeit mit meiner Familie verbringen.“ Deshalb ist die aktuelle Situation für Aigner derzeit ideal und ein baldiges Ende seiner Laufbahn keine Option, auch wenn er das früher noch anders sah: „Wenn mir vor 20 Jahren jemand gesagt hätte, ich bin mit 35 immer noch Paddler, dann hätte ich ihm wahrscheinlich einen Vogel gezeigt“, erklärt er lachend. Trotzdem gibt es natürlich schon Überlegungen, wie es nach der Karriere weitergehen könnte. „Nach so vielen Jahren, würde ich es schon schön finden, auch mal was anderes im Leben zu sehen. Und wenn es nur für zwei Jahre ist. Ob es dann wieder zurückgeht, ist eine andere Frage, das könnte ich mir auch gut vorstellen, aber erst einmal muss etwas anderes her.“

Das alles ist aber Zukunftsmusik, für den gebürtigen Augsburger zählt erst einmal nur die aktuelle Saison. Um diese möglichst erfolgreich zu gestalten, beschäftigt sich Aigner intensiv mit dem Training und blickt dahingehend auch kritisch auf die Methoden des Deutschen Kanu-Verbandes. Gerade das tschechische Team gewann in den vergangenen Jahren im Kajak-Einer viele Wettbewerbe unter anderem auch bei der WM 2022 in der Fuggerstadt. „Manchmal ist es schwierig, in dem relativ starren Trainingskonzept des Deutschen Kanu-Verbandes neue Dinge auszuprobieren und über den Tellerrand hinauszusehen. Es gibt schließlich auch andere Nationen, die mit ihren Trainingsmethoden sehr erfolgreich sind.“ Auch den zu lange fehlenden Fokus auf die neue olympische Disziplin Kajak-Cross sieht der erfahrene Athlet kritisch: „Da hätte man in der Vergangenheit mehr Aufwand reinstecken müssen. Wir haben in Paris die Möglichkeit auf maximal acht Medaillen im deutschen Team. Vier davon im Cross. Aber die Trainingsanteile, die sind dem lange Zeit nicht gerecht geworden. Da wird man sehen, ob man den Rückstand, den wir auf die anderen Nationen haben, in der kurzen Zeit noch aufholen können.“

Allgemein ist Aigner jedoch ein Fan der noch jungen, neuen Sportart, bei der vier Slalomkanuten gleichzeitig starten. „Für die Zuschauer ist es sehr anschaulich, weil einfach der Erste, der ins Ziel fährt, am schnellsten war.“ Das dürfte auch bei den Zuschauern in Paris gut ankommen, ist sich Hannes Aigner sicher, egal ob mit oder ohne seine Teilnahme. jk

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