Zunehmend Gefahr für Kleinkinder
Nein, hier geht es nicht um Corona. Es geht um ein anderes Virus, das vor allem Kleinkindern gefährlich werden kann und derzeit nicht nur in Augsburg gehäuft auftritt.
Kaum hat das kleine Menschlein seine ersten Atemzüge getan, die ersten zaghaften Schreie von sich gegeben, da droht ihm schon Gefahr: RSV, respiratorischer Synzytial-Virus, nennt sich eine Infektion, die in diesen Tagen vor allem kleine und kleinste Kinder befällt wie noch nie in unseren Breiten. Allein im Oktober waren es um die 50 kleine Patienten, die in der Kinderklinik des Augsburger Universitätskrankenhauses behandelt werden mussten. Und es geht wohl so weiter, vielleicht bis ins kommende Frühjahr hinein.
Eine schauerliche Vorstellung für die jungen Eltern, wenn ihnen von den Ärzten beschrieben wird, wie ihr neu geborenes, ihr Säugling, behandelt werden muss: Cortison, Inhalieren, Sauerstoffgaben aus Schläuchen, zum Teil sogar künstliche Beatmung mit Hilfe von Maschinen. Betroffen sind, so schildert es Ulrike Walden, Oberärztin und Stationsleiterin an der Kinderklinik, insbesondere die Allerkleinsten. Während die älteren Geschwister eines Neugeborenen des Öfteren mit erkältungsartigen Symptomen „davonkommen“, ebenso der eine oder andere Erwachsene, der sich ansteckt, so werden vor allem Kinder bald nach der Geburt immer wieder schwer krank. Damit verhalte sich das RSV-Virus gleichsam umgekehrt wie Covid-19, wo die Menschen umso eher zur Risiko-Gruppe zählen, je älter sie sind. (Immer mit der Ausnahme von Patienten mit Vorerkrankungen wie Herzfehlern oder Frühgeborene.)
Wie das gefährliche Virus an die Kleinkinder herankommt, ist schnell erzählt: In der Regel seien es ältere Geschwister, die es mitbringen und an die Kleinen weitergeben. Ein Prozess, den die Kinderärztin für kaum änderbar erachtet. Kleine Kinder innerhalb einer Familie voneinander fernzuhalten sei so gut wie nicht praktikabel und im Hinblick auf die soziale Entwicklung des Nachwuchses auch nicht wirklich wünschenswert. Lediglich wenn ein Geschwisterchen deutlich mit einer „Rotznase“ unterwegs sei, könnten Eltern daran denken, für Abstand zu sorgen.
Aber dann könnte es auch schon zu spät sein, weil eine Infektion bereits erfolgt sein könne. Abstände, Kontaktsperren, strenge Hygienemaßnahmen – all die Begleiterscheinungen der Corona-Pandemie seien wohl die Ursache dafür, dass das RSV-Virus sich beispielsweise im vergangenen Jahr kaum bemerkbar gemacht habe. Umso mehr greife es jetzt um sich, schieße geradezu hoch, jetzt, wo die Kontakte wieder intensiver seien.
Die Virus-Infektion an und für sich sei eigentlich nicht schlimm, so die Ärztin, sie trainiere gleichsam das Immunsystem von Kindern ebenso wie andere Infektionen auch. Problematisch werde es aber, wenn es zu schweren Verläufen käme, so wie jetzt. Oder zu zahlenmäßigen Häufungen, wie sie derzeit zu verzeichnen seien.
Tröstlich immerhin: In aller Regel werden die Kinder, selbst nach schweren Verläufen der RSV-Infektion, wieder gesund. Und sollten sich die Eltern oder Großeltern bei ihrem Nachwuchs anstecken, so ist für sie die Gefahr einer gefährlichen Erkrankung wesentlich geringer als beim Corona-Virus.
Auch darin unterscheiden sich die beiden von Viren hervorgerufenen Krankheiten – dort jene, die vor allem für kleine und kleinste Kinder gefährlich ist – und dort jene, die für mehr als alle anderen für ältere Menschen lebensgefährlich ist.