Wenn Ende Juli die Olympischen Spiele in Paris beginnen, dann ist das nicht nur für Schwabenkanute Sideris Tasiadis eine ganz besondere Chance, sondern zum ersten Mal gleich für vier (Wahl-) Augsburger Athletinnen und Athleten. Denn neben dem Weltmeister von 2022 werden auch Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach), Elena Lilik (KSA Augsburg) sowie Noah Hegge (KSA Augsburg) im Kanuslalom an den Start gehen.

Für Tasiadis ist es bereits die vierte Teilnahme bei Olympia, seine bisherige Bilanz kann sich dabei sehen lassen. 2012 gewann er in London Silber, 2016 wurde er in Rio de Janeiro Fünfter, 2021 sicherte er sich in Tokyo die Bronze-Medaille – und 2024? Da soll es am besten die Goldmedaille sein. Dass dies kein einfaches Unterfangen wird, weiß der 34-Jährige aus Erfahrung ganz genau, dennoch ist das Ziel klar formuliert, wie er im Gespräch mit dem Augsburg Journal erklärt. „Ich war immer nah dran, deshalb hoffe ich, dass es dieses Mal klappt.“ Bekannt ist der gebürtige Augsburger dafür, seinem Training über den Winter immer neue Reize hinzuzufügen. Dieses Jahr hat er das im Therapiezentrum Friedberg getan. „Dort gibt es einen Bildschirm, der verknüpft ist mit neun Feldern auf dem Boden und der dir anzeigt, zu welchem Feld du als Nächstes laufen musst. Das fördert die Reaktionszeit und Koordination vom Auge zum Körper.“ Was sich im ersten Moment etwas abstrakt anhört, bringt Tasiadis spürbar Vorteile. „Damit kann man vielleicht drei bis vier extra Prozent an Leistung herauskitzeln“, erklärt er und fügt an: „Bei Olympia könnte das den Sieg bedeuten.“

Körperlich ist Sideris Tasiadis immer noch in Top-Form

Um körperlich in Topform zu sein, hat Tasiadis in der Vorbereitung viel investiert. „Ich habe viel dafür getan, dass mein Rumpf so stabil ist wie möglich. Letztes Jahr hatte ich manchmal mit Rückenproblemen zu kämpfen, weil der Muskel einfach zugemacht hat.“
Das war in diesem Jahr bei den Wettkämpfen bislang kein Thema, entsprechend positiv ist das Gefühl, auch wenn es in der Olympia-Qualifikation am Ende knapp war. Diese bestand aus vier Läufen, zwei in Augsburg, zwei in Markkleeberg. In den ersten drei wurde Tasiadis jeweils Zweiter, alles war angerichtet für ein spannendes Finale, doch dann passierte etwas, das so nicht zu erwarten war. Während des Laufes des viertletzten Starters Timo Trummer fiel eine Slalomstange ins Wasser, diese musste neu aufgehängt werden. „Daher mussten wir, die letzten drei, ich glaube sechs oder sieben Minuten länger oben warten auf unseren Start. Dann ging es weiter, ich bin gefahren und eigentlich hatte ich gewonnen“, sagt Tasiadis. Im Ziel wähnte er sich als sicherer Sieger: „Ich habe mich schon gefreut, der ganze Druck ist von mir abgefallen, ich war glücklich.“ Doch dann kam das große Aber. Die Rennleitung beschloss, die letzten Starter noch einmal fahren zu lassen, da die Stange nach dem Vorfall zuvor nicht exakt wieder angebracht wurde. „Ich habe die Welt nicht mehr verstanden“, erklärt Tasiadis seine Gefühlslage. Es war eine Entscheidung, die nicht nur bei ihm, sondern auch bei den anderen Teilnehmern für Verwirrung und Entrüstung sorgte und so eigentlich im Regelbuch nicht vorgesehen ist. „Für mich hat es nach wie vor einen faden Beigeschmack. Ich hatte das Gefühl, dass alles probiert wurde, damit ich diesen Olympiaplatz nicht bekomme.“ Dieser war Tasiadis aufgrund des Abschneidens seiner Konkurrenten allerdings nicht mehr zu nehmen. Da machte es auch nichts mehr, dass es beim Re-Start „nur“ für Platz fünf reichte.

Fotograf: Stefan Winterstetter

So kann seine Saison nun wie erhofft ablaufen. Nach dem anstehenden Weltcup in Augsburg wird der Schwabenkanute noch im Juni beim Weltcup in Prag teilnehmen, „dann fahren wir noch zweimal nach Paris zum Training und dann ist schon Olympia.“ Viel Zeit für andere Dinge bleibt da nicht übrig, das weiß auch seine Frau Denise, die ihn zu den Spielen begleiten wird. Klare Pläne für die Zukunft gibt es trotzdem: „Wir wollen eine Familie gründen. Wann, das steht noch aus, am besten wäre es natürlich nach Paris, da ist es bei mir deutlich ruhiger.“ Die beiden letzten Weltcups der Saison wird der Canadier-Spezialist sogar auslassen, um dem Augsburger Kanu-Nachwuchs eine Chance zu geben, sich auf der großen Bühne zu beweisen. Denn daran, dass alle vier Kanu-Slalom-Olympiateilnehmer aus Augsburg kommen, daran könnte man sich in der Fuggerstadt gewöhnen. jk

Lesen Sie auch: Niklas Dorsch im Interview: Mit gutem Gefühl in die Pause

KEINE AUSGABE MEHR VERPASSEN

Erfahren Sie als Erster, wenn unser neues Magazin veröffentlicht wird – exklusiv vor allen Anderen!