Das einzig Positive an der Sache ist, ohne sie hätten wir nicht zusammengefunden“, sagt Alexander Ferstl, der Geschäftsführer des Modehaus Jung. Die Sache, das ist der Plan der Stadt, den Süchtigentreff in Oberhausen im Pfarrzentrum St. Johannes einzurichten. Ein Vorhaben, gegen das sich in kürzester Zeit enormer Widerstand geregt hat.
Angeführt von den Initiatoren Maximilian-Philipp Walser, dem Geschäftsführer der Walser Immobilienprojekte GmbH, und Alexander Ferstl ist im nördlichen Stadtteil die Aktionsgemeinschaft Oberhausen entstanden. „Unser großes Ziel ist es, den Standort St. Johannes zu verhindern“, erklärt Walser das aktuelle Bestreben der Gruppe, der sich mittlerweile bereits etwa 50 Personen angeschlossen haben. Vorwiegend aus der direkten Umgebung, aber nicht nur. Berufsmusiker Tarkan Yesil wäre aufgrund seiner Wohnsituation nicht betroffen von der geplanten Verlegung des Süchtigentreffs, teilt allerdings die Anliegen der Menschen und sieht die Chance auch darüber hinaus etwas für den Stadtteil zu bewirken. „Ich bin zu dieser Gruppe hinzugestoßen, weil wir die Aktionsgemeinschaft nicht auf dieses eine Thema beschränken werden. Oberhausen hat unfassbar viele Probleme. Aufgrund des Ausländeranteils von 60 bis 70 Prozent gibt es große Herausforderungen mit der Integration, dazu kommt die Kriminalität. Es bräuchte ganz andere Hilfen, keine zusätzlichen Probleme.“‘
Das dringendste Problem aktuell ist jedoch der Drogentreff. Dabei gehe es laut Walser nicht um das Konzept an sich, sondern einzig und allein um den Standort. „Wir sind grundsätzlich vom Konzept überzeugt. Wir sagen auch, das würde an sich funktionieren, aber wir glauben nicht, dass die Umsetzung funktioniert, vor allem nicht in dieser Dimension“, erklärt er die Bedenken der Anwohner. Der neue Süchtigentreff ist für 300 Personen geplant. Als 2017 der „beTreff“ am Oberhauser Bahnhof eröffnete, sei dieser für 25 Personen ausgelegt gewesen und platze seit Jahren aus allen Nähten. „Wir sind Ordnungsreferent Frank Pintsch allgemein sehr dankbar, dass er sich der Thematik überhaupt annimmt, denn dass etwas getan werden muss, steht außer Frage“, so Ferstl.
Aktionsgemeinschaft: Über 50 Mitglieder im Kampf gegen den Süchtigentreff in Oberhausen
Der Standort nahe der Wertachbrücke sei allerdings aus mehreren Gründen ungeeignet. Zum einen gibt es im direkten Umfeld des Pfarrzentrums St. Johannes fünf Kindergärten sowie drei Grundschulen. Zudem befürchtet die Aktionsgemeinschaft Folgen für den ÖPNV. Nur wenige Meter von St. Johannes entfernt befindet sich an der Wertachbrücke ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt Augsburgs, an dem die Tramlinien 2 und 4 zusammenlaufen. Die Haltestelle ist eine der größten der gesamten Stadt und zudem überdacht. Es wäre daher naheliegend, dass sich Süchtige auch dort einfinden würden und somit zwei Brennpunkte entstehen könnten. Deshalb schlagen die Initiatoren vor, einen anderen Standort wie etwa in der Holbeinstraße, wo die Drogenhilfe Schwaben eine gemeinnützige Einrichtung unterhält, zu finden.
Andere Vorschläge wie das Industriegebiet an der Riedingerstraße in Oberhausen, inklusive der städtischen Liegenschaft, die aktuell durch den Abfallwirtschaftsbetrieb genutzt wird, sowie das Gaswerkgelände seien laut der AO zufolge ebenfalls denkbar. „Das sind gewerblich geprägtere Gebiete, die unserer Ansicht nach deutlich geeigneter für einen Süchtigentreff wären, da somit viel weniger anwohnende Familien und Kinder belastet würden“, so Walser. In der vergangenen Woche reichte die Aktionsgemeinschaft bei einer Bürgerversammlung neun Anträge ein, die allesamt mit dieser Thematik zu tun hatten. Alle wurden ohne nennenswerte Gegenstimmen angenommen und müssen nun innerhalb von drei Monaten im Stadtrat diskutiert werden. Ausgang offen, doch in der Aktionsgemeinschaft gibt es Grund zur Zuversicht. „Es tut sich schon etwas, wir sind von Tag zu Tag optimistischer. Ich gehe nicht davon aus, dass die Stadt mit so einem großen Widerstand gerechnet hat“, sagt Ferstl. Sogar die Anwohner des Bärenkellers unterstützen bei der Bürgerversammlung das Vorhaben der Aktionsgemeinschaft.
Wie es mit den Planungen des Süchtigentreffs weitergeht, muss nun der Stadtrat entscheiden. Für die Aktionsgemeinschaft, die sich derzeit auf eine Demo zu diesem Thema am 20. April am Oberhauser Friedensplatz vorbereitet, soll es unabhängig davon weitergehen.
„Egal, was bei dem Treff rauskommt, wir haben uns hier zusammen gefunden“, betont Ferstl und fügt an: „Wir wollen etwas für Oberhausen schaffen, was die Stadt bislang nicht geschafft hat. Wir wollen es schaffen, dass Oberhausen eine Stimme bekommt, die migrantischen Stimmen gehört werden und eine Lobby bekommen.“ Denn eines ist klar, die Oberhausener lieben ihre Hood (zu Deutsch: ihren Stadtteil). Ein Motto, das weit mehr sein soll als ein reiner T-Shirt-Spruch.