Start News „Söder-Gockel“ trifft „Steuer-Clooney“: 75 Jahre Bund der Steuerzahler Bayern

„Söder-Gockel“ trifft „Steuer-Clooney“: 75 Jahre Bund der Steuerzahler Bayern

Ministerpräsident Markus Söder (re.) schenkte Gastgeber Rolf von Hohenhau einen Porzellan-Löwen und bekam seinerseits ein klassisches Charivari überreicht.

Wenn Ministerpräsident Markus Söder den Präsidenten des bayerischen Bundes der Steuerzahler als „George Clooney“ der Steuerzahler bezeichnet, dann kann sich Rolf von Hohenhau darauf durchaus etwas einbilden. Hat Söder doch von sich selbst ebenfalls eine recht hohe Meinung – wie er im lockeren Talk mit Moderatorin Anja Marks-Schilffarth anlässlich des 75-jährigen Bund-Jubiläums unter großem Gelächter kundtat.

Im Hotel Maximilian’s gab’s für über 400 namhafte Gäste aus ganz Bayern und darüber hinaus jedenfalls jede Menge unterhaltsamer Informationen – neben Söder auch von den bekannten Finanz-Experten Prof. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer und der Steuerberaterkammer München, Prof. Gregor Kirchhof, Direktor des Instituts für Wirtschaft und Steuerrecht an der Universität Augsburg, sowie von dem als „Clooney“ – oder auch gerne mal als „Halunke“ bezeichneten Gastgeber Rolf von Hohenhau. Beim kulinarischen Get-together im Anschluss stand freilich der persönliche Austausch im Vordergrund.

Das AUGSBURG JOURNAL hat Highlights des Gesprächs zusammengefasst – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Markus Söder über…

Heimatgefühl Augsburg

Vom AJ-Verlagsjubiläum über Parteitag, Presseball bis zu Steuerzahlerbund-Geburtstag – kaum ein Politiker ist so häufig in der Fuggerstadt wie der Ministerpräsident. Fühlt sich das schon an wie eine zweite Heimat?
Söder: Ich bin hier fast mehr als daheim (schmunzelt). Ich komme immer sehr gerne, weil sich Augsburg großartig entwickelt. Früher eher depressiv – Uns geht‘s so schlecht! – hat Augsburg seit einigen Jahren einen „Flow“ – als dritte Metropole Bayerns mit Staatstheater, Uniklinikum und einer enormen Technologieoffensive. Einzig, dass Augsburg besser Fußball spielt als der Club, das drückt mich halt immer etwas.

AJ- und Jubiläums-Tribune-Herausgeber Walter Kurt Schilffarth mit Ralf Schneider (Präs. Ver. Europ. Journalisten) und Landtagsabgeordnetem Leo Dietz (v.li.).

Politik im Umbruch

Trump wird Präsident in den USA – zeitgleich zerbricht die Ampel-Regierung in Deutschland. Ist die Politik im Ausnahmezustand?
Söder: Oft droht man jahrelang in Routine zu ersticken; jetzt kommt alles zusammen. Wir haben einen furchtbaren Krieg in der Ukraine. Wir haben Terror in Nahost. Der Zusammenbruch der Ampel-Regierung kam mit Ansage nach monatelangem Streit und Siechtum. Trump wird uns vor große Herausforderungen stellen – ökonomisch, aber auch sicherheitspolitisch. Früher waren die Amerikaner für mich immer gefühlt, die Kavallerie in der Wildnis. Wenn es irgendwo schwierig ist, kommt die Trompete und unsere amerikanischen Freunde helfen. Das wird nicht mehr so sein. In einer Welt, die größer und aggressiver wird, in der eine neue Wohlstandsverteilung stattfinden wird, müssten wir als Europa umso stärker auftreten – mit klaren Konzepten, statt noch mehr Pädagogik-Seminaren, um Menschen vom Wert der Demokratie zu überzeugen. Mist wird auch nicht dadurch besser, wenn man Parfum darauf sprüht. Neben den großen notwendigen Themen wie Stärkung der Wirtschaft, Begrenzung der Migration und einer echten Bundeswehrreform braucht unser Land auch eine geistig moralische Wende. Wir diskutieren über „woke“, „divers“ und „gendern“ – für Genderforschung wird mehr ausgegeben als für Nukleartechnik in Deutschland. Das ist einfach falsch. Wir müssen wieder anfangen, über das zu reden, was Deutschland in der Welt Stärke und Respekt gebracht hat. Dinge wie Fleiß, Anstand, Pünktlichkeit, Leistungsfähigkeit – ohne das werden wir nicht in der Lage sein, voranzukommen. Deswegen müssen wir nicht nur für Veränderung, wie Reformen im Steuerrecht und der Energiepolitik eintreten, sondern endlich auch eine neue geistig-moralische Haltung einnehmen, um Deutschland wieder stark zu machen.

Gockelalarm

Die Süddeutsche Zeitung konstatiert unter der Überschrift „Gockelalarm“: „Zwei Politiker könnten unterschiedlicher nicht sein, aber eines haben Robert Habeck und Markus Söder gemeinsam: Sie halten sich jeweils für den allergeilsten Typen“. Kommentar dazu?
Söder: Es gibt einen Unterschied – bei mir stimmt’s! (Gelächter) Die Süddeutsche ist sicher eine Zeitung von hoher Qualität, aber dennoch dominiert immer wieder die Haltung über das Handwerk. Was die Grünen machen ist toll, alle anderen werden kritisiert und hinterfragt. Zu Robert Habeck: Da scheitert eine Regierung fundamental, Deutschland rutscht wirtschaftlich ab. Wer trägt die Hauptverantwortung? Der Wirtschaftsminister, der von Wirtschaft so viel Ahnung hat, wie ich von „Woke-Forschung“. Genau der erklärt jetzt, er fühle sich durch die Arbeit der letzten Jahre geradezu bemüßigt, Bundeskanzler zu werden. Das ist ungefähr so, wie wenn der Trainer von Tasmania Berlin sagt, jetzt gehe ich zu Real Madrid! Wenn man die Kette seiner Fehlentscheidungen, diese ganzen Subventionsflops sieht – aus Sicht der Steuerzahler. Milliardenbeträge fehlgeleitet, hohe Steuern für Mittelstand, Handwerk, Familienbetriebe. Streichung der E-Mobilitätsprämie, Erhöhung der Gastro-Steuer, die Erhöhung von Agrardiesel und so weiter. Ich bleibe dabei: Für mich ist Schwarz-Grün keine Zukunftslösung für Deutschland!

Sparkurs Bayern

Bayern muss auch sparen – bis 2026 drohen Steuerausfälle von 2,4 Milliarden Euro. Wie soll‘s gehen?
Söder: Also erst mal geht es weniger ums Sparen, sondern wir dämpfen den Auswuchs. Der entsteht leider auch dadurch, dass die Migration nicht begrenzt ist. Aus Sicht der Steuerzahler müssen wir wieder eine halbe Milliarde drauflegen, weil wir die Kommunen unterstützen müssen, die wären sonst völlig alleingelassen. Seit 2018 summieren sich diese Ausgaben auf insgesamt 15 Milliarden – und das vor dem Hintergrund von Steuerausfällen und Mehrausgaben für das Thema Asyl. Wir haben eine Schuldenbremse, die müssen wir einhalten. Trotzdem halten wir die Investitionsquote mit 15 Prozent hoch, haben in den letzten Jahren rund 6 Milliarden Euro für Hightech investiert. Bei der künstlichen Intelligenz machen wir mehr als Italien und Finnland zusammen und enorme Summen fließen in die Transformation von Unternehmen, denen große Veränderungsprozesse bevorstehen. Plus: Wir legen drauf beim Bauen, fast sieben Prozent, weil das mit das Wichtigste ist. Übrigens mit einer hoffentlich jetzt wirklich wirksamen Bürokratisierungsoffensive, wobei die Umsetzung schwierig ist. Wer heute in Augsburg ein Dachgeschoss ausbauen will, also um Wohnraum zu schaffen, der braucht einige Stellplätze. Und das stört natürlich enorm, weil das ist immer ein Haufen Geld. Da muss man ran – auch wenn es immer noch ein Riesentheater ist. Wir bauen die erneuerbaren Energien weiter aus, im letzten Jahr kam vom nationalen Aufkommen allein 20 Prozent aus Bayern. Seit ich Ministerpräsident bin, haben wir bei Erneuerbaren um 60 Prozent gesteigert. So weit, so gut – aber: trotzdem gehen die Steuereinnahmen zurück, trotzdem sind Herausforderungen da. Wir werden es nur mit Sonne, Wind und Wasser nicht schaffen, die Energieziele mit Versorgungssicherheit und Klimaschutz so schnell zusammen zu bringen, wie viele das hoffen. Mein Ziel ist natürlich, die Klimaziele zu schaffen, aber dann muss man ein vernünftiges Konzept machen. Als ob Aktivisten, meistens ja Grüne, wissen würden, welche Technologie am Ende in sieben bis zehn Jahren erfolgreich ist?! Die meisten von denen haben doch nicht einmal im Ansatz ein Ingenieurstudium, waren wahrscheinlich früher in Physik und Mathe totale Nieten. Und die wollen jetzt den Ingenieuren und Experten in der Industrie und Wirtschaft erklären, was in zehn Jahren en vogue ist? Es muss Schluss sein mit dieser Art von ideologischer Dominanz. Wir werden nur stark, wenn wir Technologie-offen sind – und das will ich für Bayern haben.

Kanzlerkandidat Merz

Ministerpräsident Söder talkte unterhaltsam mit Moderatorin Anja Marks-Schilffarth

War es die richtige Entscheidung, Merz kampflos den Vortritt zu lassen?
Söder: Damit bin ich diesmal fein. Anders als 2021, da habe ich es unserem Bewerber nicht so richtig zugetraut. Jetzt haben wir da ein ganz anderes Kaliber. Ich glaube übrigens, er wird uns gerade in dem neuen schwierigen Verhältnis zu den USA einen großen Dienst erweisen können. Weil er die USA kennt, über ein enges Beziehungsgeflecht verfügt. Und diese außenpolitischen Fragen werden schon sehr wichtig für uns sein, wenn man daran denkt, wie die Pläne für die Ukraine aussehen könnten: Waffenstillstandsverhandlungen, Demarkationslinie, entmilitarisierte Zone – liest man aus dem Umfeld des künftigen Präsidenten. Aber in den Lauf der Gewehre dort werden nicht die Amerikaner schauen, sondern wir Europäer. Also Briten, Franzosen – und vor allem wir Deutschen.

Bund der Steuerzahler

odiumsdiskussion mit (v.li.) Bundessteuerkammer-Präsident Prof. Hartmut Schwab, Uni-Direktor Prof. Gregor Kirchhof und Bayerns Steuerzahler-Präsident Rolf von Hohenhau.

Wie ist das Verhältnis zum Bund der Steuerzahler – wenn Präsident von Hohenhau gern mal als „Na Du Halunke“ vom Ministerpräsidenten begrüßt wird?
Söder: Also das „Halunke“ war ehrlich – aber liebevoll gemeint! Weil ich schon seit 1995 für die JU im Parteivorstand der CSU war und seit über 17 Jahren Mitglied des Kabinetts bin, kenne ich alle Geschichten und alle Beziehungen. Der Rolf war aber schon immer Vorsitzender. Ich weiß nicht, ob es irgendwo auf der Welt einen Staatslenker gibt, der länger im Amt war. Und er sieht immer gleich gut aus – so ein richtiger „George Clooney der Steuerzahler“! Ich habe den BdSt immer sehr geschätzt, aus mehreren Gründen. Es ist gut, eine Instanz zu haben, jenseits des Obersten Rechnungshofs, die darauf achtet, dass der Staat nicht mehr Geld ausgibt, als er hat. Und die auch manchmal bei bestimmten Projekten Sinnfragen stellt. Vor rund 15 Jahren musste ich als Umweltminister erheblich einsparen. Als ich dann mit meinem Ministerium zusammensaß, war das Geschrei groß. „Das geht nicht, da kann man nicht einsparen, das brauchen wir“. Ich habe mir die Unterlagen dann übers Wochenende mit nach Hause genommen und am Ende festgestellt: Ich hätte das Doppelte einsparen können! Manche Haushaltsposten sind „des Kaisers neue Kleider“ – und wenn man nachhakt, kommen oft überraschend klare Antworten – völliger Sinnlosigkeit heraus. Es ist doch ganz einfach. Wenn man viel Geld hat, dann kann man sich ein neues Haus, ein neues Auto, schicke Klamotten und drei Urlaube leisten. Super. Wenn es nicht so gut geht, dann wird irgendetwas warten können. Wenn die Welt sich ändert, dann muss sich auch die Lösung ändern. Und Politiker, die glauben, alles muss immer so bleiben wie früher, werden uns nicht durch den Sturm auf hoher See bringen. So nach dem Motto: Nein, wir auf der Titanic haben beschlossen: Der Eisberg ist uns wurscht! So etwas geht immer gleich – schlecht – aus. Deswegen empfinde ich die Arbeit des Bundes der Steuerzahler als wirklich gut und unverzichtbar. Und gratuliere herzlich – auf die nächsten 75 Jahre!

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