Wie die Friedberger Unternehmerin Katja Segmüller seit 20 Jahren ein Schulprojekt in Kenia betreut
Mal sind es Millionen, gelegentlich auch eine Milliarde Euro, die Jahr für Jahr von der Bundesregierung für Entwicklungshilfe in Afrika und anderen Ländern ausgegeben werden. Wie man weiß, versickert das Geld nicht selten in falschen Taschen. Katja Segmüller, umtriebige Unternehmerin aus Friedberg, zeigt den Weg, wie es anders geht.
Mutuli, ein Dorf 130 Kilometer östlich von Nairobi in Kenia. Kein Tourismus, keine Wasserversorgung, eine unter Dürre leidende Landwirtschaft mit Kindern in der Feldarbeit. Vielen Kindern – vor allem Mädchen – fehlt hier der Zugang zu einer adäquaten Schulbildung. Katja Segmüller, Aktivistin und zurzeit Vizepräsidentin im Lions Club Augsburg-Elias Holl, erinnert sich: „Afrika hat mich immer schon im Studium interessiert. Über ein Lions-Projekt lernte ich 2002 ein kenianisches Ehepaar kennen. Er war Fahrer an der Universität in Nairobi. Seine Frau staatlich geprüfte Lehrerin. Sie erzählten von der Not in Mutuli, wie sie dort helfen wollten, die Mittel dazu aber fehlen würden. Wir wurden schnell Freunde und packten wenige Monate danach an.“
Am Start der ‚Pelena Primary School‘, wie die Schule heißen sollte, stand eine Lehmhütte. Das Lehr-Material wurde anfangs in bunten Farben auf ausgedienten Mehlsäcken visualisiert. Zug um Zug entstanden bald Gebäude für Unterricht und Unterkunft. Ab 2014 mussten die Kinder nicht mehr das Wasser am meilenweit entfernten Fluss holen – das aufwendige Brunnenprojekt mit einer 70 Meter tiefen Bohrung und die Anschaffung eines Stromgenerators lösten einen großen Teil der Versorgungsprobleme. Das Ergebnis: Die Küche blieb nicht mehr kalt, weder für den Kindergarten, noch für die beiden Wohnhäuser, die während der Woche um die 100 Mädchen und Buben beherbergen.
Alles nicht so einfach in der kenianischen Provinz-Realität. Katja Segmüller: „Wir mussten natürlich immer wieder Grundstücke dazukaufen. Bis heute an die 8000 Quadratmeter. Und dann kletterten plötzlich die Preise gewaltig. Und obwohl wir die gesamte Lehrerschaft selbst finanzieren, kassiert der kenianische Staat von uns Lizenzgebühren. Ansonsten würde der Schulabschluss nach der 8. Klasse nicht anerkannt.“
Wie fast überall in Afrika spielt auch in Kenia die Stammeszugehörigkeit im zwischenmenschlichen Umgang eine große Rolle. „Unsere Schüler gehören alle zum Stamm der Kamba. Die meisten sind katholische Christen, da kommen wir leicht klar. Aber wenn es um den Kontakt zu Behörden geht, in denen neben Englisch vorwiegend Kisuaheli gesprochen wird, merkt man bisweilen die gegenseitigen Befindlichkeiten“. Und wie steht es generell um die Sicherheit? Katja Segmüller: „Um unser Areal gibt es eine Mauer, ein bewaffneter Wachmann ist rund um die Uhr im Dienst, aber mit Terroristen wie zum Beispiel im Grenzgebiet zu Somalia haben wir nichts zu tun“.
Besonders wichtig war bei der Schulgründung die Schaffung hygienischer Verhältnisse. Krankheiten wie Malaria, Typhus, Cholera, Tuberkulose und Aids sind in diesen Breiten noch nicht ausgestorben. Weil es in der Gegend kein Hotel gibt, verbraucht Katja Segmüller reichlich Desinfektionsmittel, fährt vor Einbruch der Dunkelheit nach Nairobi und kommt am nächsten Vormittag wieder.
Angesichts dieser Aufgaben stellt sich schon mal die Frage: Wie viel Leidenschaft im wahrsten Sinn des Wortes muss man haben, hier langfristig diese Verantwortung zu übernehmen? Die Antwort: „Gelegentlich wird es mir schon etwas zu viel, aber dann denke ich an die strahlenden Kinderaugen und weiter geht’s“. Den Etat von bisher rund 750.000 Euro hat die Friedberger Unternehmerin weitgehend aus eigener Kasse gestemmt. Nur wenige Eltern können Schulgeld zahlen. Unterstützung kommt vom Lions Club Augsburg-Elias Holl, dem Lions Club Nairobi-Riverside und durch ein paar andere Spenden. Dabei hat Katja Segmüller noch lange nicht alle ehrgeizigen Pläne in die Tat umgesetzt: „Als nächstes Projekt steht eine Solaranlage zum Kauf an, wir brauchen weitere Grundstücke für Kühe und Hühner, die Erweiterung des Speisesaals als Mehrzweck-Location und neue Werkstätten sowie eine Sportanlage“.
Man braucht wohl wenig Fantasie, um sich vorzustellen, wie der „Engel der Pelena Primary School“ gefeiert wird, wenn ein Geburtstag wie das 20-jährige Bestehen dieser einzigartigen Institution ins Haus steht.
Vor wenigen Wochen war es soweit. Mit Gesängen und Blumen der 213 Schülerinnen und Schüler, Danksagungen der Lehrer, Lobreden der regionalen Politiker und Abgeordneten der Schulbehörde. Katja Segmüller: „Das hat schon sehr berührt. Und was besonders schön war: Meine zwei Mitstreiter, Peter Musili als Direktor und seine Frau Helena als Schulleiterin, machen bis heute einen tollen Job. Noch viel besser, als wir es uns beim Start vor 20 Jahren vorgestellt haben“.
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