Och, ich könnte meine Kollektion ja mit Menschenhaar machen“, das ist ein Satz, der vermutlich selbst unter Künstlern nicht besonders oft fällt. Er stammt von der 22-jährigen Antonia Schmid. Sie ist eine Augsburger Modedesignerin, vergangenes Jahr hat sie ihren Abschluss an der Universität in München gemacht. Für ihre Bachelorarbeit designte sie eine 18-teilige Kollektion zum Thema Nachhaltigkeit – aus Menschenhaaren. Und wurde damit für den Green Concept Award nominiert.

„Menschenhaar als Ressource ist extrem nachhaltig“, erklärt die Augsburger Modedesignerin Antonia Schmid. Mit verschiedensten Techniken hat sie dieses nach und nach zu Kleidungsstücken verarbeitet. Wie sie auf diese ungewöhnliche Idee gekommen ist? „Ich war schon immer kreativ veranlagt“, sagt sie. „Vor allem kurze Haare werden nach dem Schneiden einfach weggeworfen, da dachte ich mir: Wieso nicht einfach nutzen?“ Und so verbrachte sie knapp ein Jahr damit, jede zweite Woche alle möglichen Lechhauser Friseursalons abzuklappern und säckeweise Haare nach Hause zu tragen. „Mein Onkel hat irgendwann gefragt, ob ich seit neustem eine Ausbildung zur Friseurin mache“, scherzt die junge Designerin.
Verarbeitet wurden die Haare auf verschiedene Weise. Beispielsweise wurden Sie als Garn versponnen oder zu einem Vlies gefertigt. Dann konnte Antonia Schmid sie mit anderen recycelten Materialien kombinieren. Selbst beim Färben stand der Nachhaltigkeitsaspekt an vorderster Stelle. Für braune Töne wurde Kaffeesatz verwendet, um etwas Farbe zu erhalten, griff Schmid auf Rote-Beete-Schalen oder auf Mahonie-Beeren zurück. Von billiger Wegwerfmode hält die Augsburgerin nichts. „Wenn die Klamotten so günstig sind, frage ich mich: Wie ist das überhaupt machbar für das Geld, wo kommt das her?“


Aber sind die Kleidungsstücke denn alltagstauglich? Und wie sehen die Reaktionen auf das ungewöhnliche Projekt aus? „Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich, aber die meisten haben einfach nur ein sehr großes Interesse“, so Schmid. „Haare sind ein Teil von uns, der Ekel vor fremdem Menschenhaar ist nur von der Außenwelt angelernt“, sagt sie. Die Angst vor Menschenhaaren nennt sich übrigens Trichophobie und zählt als weit verbreitet. Also doch nichts für den Normalverbraucher? „Im Moment ist das Konzept noch nicht alltagsgeeignet. Aber man könnte es weiter ausarbeiten“, ist sich Schmid sicher.

Bis die Teile dann irgendwann mal im Laden zu kaufen sind, bleibt wohl doch noch Zeit. Antonia Schmid ist mittlerweile fertig mit ihrem Studium. Bei der Preisverleihung des Green Concept Award ging sie zwar leer aus, den Mut hat sie sich davon aber nicht nehmen lassen. „Ich habe noch einige Haare übrig, vielleicht mache ich ja noch ein paar Teile“, überlegt sie. Ihre eigenen Haare und die ihrer Mutter durften übrigens mit in das Mode-Projekt einfließen. Ihre Mutter hat sich nämlich extra für die Tochter ein Stück ihrer Haarpracht abgeschnitten.

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