Dabei sein ist alles, das stimmt so nicht. Wenn man schon dabei ist, möchte man auch eine Medaille“, sagte Slalomkanute Noah Hegge. Für den 25-Jährigen ist mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris ein Traum in Erfüllung gegangen. Einer, der nicht allen ambitionierten Sportlern vergönnt ist. Entsprechend groß fiel seine Freude aus, wie er im Gespräch mit dem Augsburg Journal erzählt.
„Als es klar war, war ich erst mal eine Woche durch den Wind, habe Zeit gebraucht, das alles zu begreifen“, beschreibt er die ersten Tage nach seiner erfolgreichen Qualifikation Ende April. „Mittlerweile habe ich es aber realisiert, war bereits in Paris, habe die Ränge gesehen, weiß also schon grob, was auf mich zukommt und habe richtig Bock auf Olympia.“ Bis Ende Juli kurz nach der Eröffnungszeremonie die ersten Kanuslalom-Wettbewerbe starten, geht es nun Schlag auf Schlag. „Wir wechseln eigentlich im Wochenrhythmus zwischen Augsburg und Paris, ehe wir an dem 19. Juli in das Olympische Dorf einziehen und uns auf die Wettkämpfe vorbereiten“, erklärt Hegge den Fahrplan der kommenden Wochen.
Dafür, dass es dieses Jahr mit der Olympiaqualifikation klappte, investierte Hegge im Winter viel in seine Form, bei aber auch abseits des kanuspezifischen Trainings. „In Sachen Ernährung wurde mir einiges mit auf den Weg gegeben, da achte ich mittlerweile deutlich mehr darauf und auch, was das Mentale angeht, habe ich einige Schritte nach vorne gemacht.“ In der Vergangenheit galt Hegge immer als einer der talentiertesten Fahrer, der aber bei den Wettkämpfen unter Druck nur selten seine Topleistung erreichte. Das ist nun anders und liegt nicht zuletzt daran, dass er seit dem Winter auch mit einem Mentaltrainer zusammenarbeitet. „Das hat mir sehr viel geholfen. Mit meinem Fitnesstrainer arbeite ich schon länger zusammen, durch das mentale Training konnte ich die unterschiedlichen Aspekte zu einem funktionierenden System zusammenbringen und habe gemerkt: Es hat in dem Winter einfach viel ineinander gepasst.“ Das spiegelte sich nicht zuletzt in der Nationalen Qualifikation wider. „Dementsprechend fahre ich zu den Olympischen Spielen“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht.
Noah Hegge hat „richtig Bock auf Olympia“
Für mentale Unterstützung kann sich Hegge aber nicht nur an seinen Trainer wenden, auch seine Familie bietet ihm diesbezüglich viel Unterstützung. Schließlich ist sie auch der Grund, warum sich der gelernte Konditor zu einer vielversprechenden Medaillenhoffnung entwickelt hat. Ohne sie hätte er nie mit dem Kanufahren angefangen. „Als 2003 die Weltmeisterschaft in Augsburg stattfand, kam ein Artikel dazu in der Zeitung und meine Eltern haben meinen größten Bruder gefragt, ob er nicht einmal Lust hätte das auszuprobieren.“ Es war der Beginn einer Leidenschaft. „Zuerst hat Samuel das ausprobiert, Jonas und ich waren immer beim Training dabei, irgendwann hatte Jonas auch Lust und war schon alt genug, dann wollte ich das natürlich schon auch.“ Im Nachhinein ein Glücksfall für den jüngsten dreier Söhne. „Ich bin meinen Brüdern sehr dankbar, weil sie mir immer geholfen haben. Gerade, wenn neue Situationen auf mich zugekommen sind, konnte ich immer meine Geschwister fragen, weil sie das schon mal erlebt haben.“
Noah entwickelte sich jedoch nicht nur auf dem Wasser, sondern auch außerhalb weiter. Während der Pandemie begann er aufgrund der langen Haare Mützen zu tragen, mittlerweile kann man sich den jungen Athleten kaum noch ohne Beanie vorstellen. Die zieht er sogar zum Einschlafen nicht mehr aus. „Da habe ich sie noch an und am nächsten Morgen suche ich sie wieder“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Beanies, T-Shirts und mehr entwickelt er übrigens mit seinen Brüdern unter dem gemeinsamen Gewerbe AWHU. Neben seiner sportlichen Karriere fand Hegge auch in der Ausbildung zum Konditor eine weitere Passion. „Der Arbeitsbeginn um 5.30 Uhr war hart, da habe ich den Kaffee für mich entdeckt“, lacht er. Heute noch genießt er in seiner Freizeit am liebsten einen Espresso Tonic, meistens bei seinem Partner kaffee_art. Das Augsburger Unternehmen verkauft mittlerweile sogar einen „Canoa”-Kaffee, eine klare Anspielung auf Hegges Vornamen und beherbergt bei Kanuslalom-Events in Augsburg des Öfteren auch viele internationale Athleten, die, auf prominente Empfehlung hin, in der Manufaktur vorbeischauen und sich selbst überzeugen möchten.
Seine Konkurrenz trifft Hegge in wenigen Wochen auch in Paris wieder. Dort liegt der Fokus komplett auf dem Wettkampf, dem der Schwabenkanute bereits enorm entgegenfiebert. Mit seinen Eltern werden auch seine beiden Geschwister bei den Rennen vor Ort sein, um ihren Bruder zu unterstützen.
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