Der Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Kaum einer weiß das besser als Marius Wolf. Der 29-Jährige spielte in seiner Profi-Karriere unter anderem schon bei 1860 München, Eintracht Frankfurt, Hertha BSC, dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund. Seit letztem Sommer schnürt er seine Schuhe für den FC Augsburg. Im Interview mit dem Augsburg Journal spricht der Profi über die lange Siegesserie des FCA, den Unterschied seit der Winterpause, die Lage beim BVB und vieles mehr.
Augsburg Journal: Wissen Sie spontan, was die längste Siegesserie eines Vereins war, bei dem Sie gespielt haben?
Marius Wolf: Wahrscheinlich bei Borussia Dortmund? Ich schätze mal sechs oder sieben.
AJ: Ja das war beim BVB, es waren aber sogar 14 Spiele.
Wolf: Ah, ja klar, vor zwei Jahren wahrscheinlich, oder?
AJ: Genau, es war vom 22. April bis zum 29. Oktober 2023. Danach folgte ein 0:4 zu Hause gegen den FC Bayern. Inzwischen sind Sie wieder seit zehn Spielen ungeschlagen. Was ist der Schlüssel zu dieser Erfolgsserie?
Wolf: Ganz klar unsere Defensive. Wir stehen sehr stabil und haben in dieser Phase auch viele Spiele zu null gespielt. Natürlich gehört auch immer ein bisschen Glück dazu, aber wenn du in zehn Spielen achtmal ohne Gegentor bleibst, dann liegt das nicht nur am Glück.
AJ: Wo kann die Reise in dieser Saison noch hingehen?
Wolf: Wenn wir vorne noch effektiver werden und mehr Tore schießen, kann es richtig gut laufen. Natürlich wird irgendwann mal wieder ein Gegentor fallen, aber wenn wir vorne konsequenter sind, können wir das ausgleichen und weiter erfolgreich bleiben.
AJ: Ab wann darf man von Europa als Ziel sprechen?
Wolf: Wahrscheinlich erst, wenn es geschafft ist. Jeder sagt immer: „Wir schauen nur aufs nächste Spiel.“ Und viele denken, das sei eine Floskel. Aber es ist tatsächlich so. In der Bundesliga kann jeder Gegner gefährlich sein und deshalb ist es das Beste, sich nur auf die nächste Partie zu konzentrieren.
AJ: Kam die Länderspielpause für euch zur richtigen oder zur falschen Zeit?
Wolf: Ich glaube, das kann man nicht so pauschal sagen. Für manche Spieler ist eine Pause gut, für andere weniger. Die letzten Spiele waren intensiv, da kann eine kleine Erholung schon helfen.
AJ: Sie kamen im Sommer neu in die Mannschaft, wie viele andere auch. Hat das Team eine gewisse Zeit gebraucht, um sich zu finden?
Wolf: Die Hinrunde war durchwachsen. Zuhause haben wir meist gut gespielt und die Punkte geholt, auswärts weniger. Zwischenzeitlich hatten wir mal eine gute Phase, kurz vor Jahresende leider unsere schlechteste der Saison bisher. Im Nachhinein war es aber ein guter Zeitpunkt, so konnten wir in der Winterpause viel ansprechen und arbeiten – nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Mannschaft. Das zahlt sich jetzt aus.
AJ: Was hat sich nach dem 1:5 gegen Kiel bzw. in der Winterpause geändert?
Wolf: Wir haben viel hinterfragt, viele Gespräche geführt und unsere Spielweise geschärft. So ein Prozess kann viel bewirken, gerade wenn man sich als Team auf einen gemeinsamen Nenner einigt.
AJ: Sie kommen auf der rechten Außenbahn gefühlt immer besser in Form. Hat es gedauert, bis Sie sich in Augsburg voll angekommen gefühlt haben?
Wolf: Von außen betrachtet wird oft kritischer analysiert, vielleicht auch, weil es viele Faktoren gibt, die nicht in eine Bewertung einfließen, weil sie von außen nicht immer sichtbar sind. Mir ist vor allem wichtig, was der Trainer und ich selbst über meine Leistung denken.
Marius Wolf: „Ich wollte mit Augsburg gewinnen“
AJ: Gegen Dortmund, Ihren Lieblingsverein, hat der FCA beide Spiele gewonnen. Blicken Sie da mit einem lachenden oder auch einem weinenden Auge darauf?
Wolf: Ganz klar mit dem Lachenden, weil wir die Spiele gewonnen haben – und darum geht es im Fußball. Ich wollte mit Augsburg gewinnen, egal ob gegen Dortmund, Bayern oder Kiel. Natürlich ist es etwas Besonderes, gegen einen Verein zu spielen, bei dem man selbst lange war und noch viele Freunde hat. Aber in den 90 Minuten zählt das für mich nicht.
AJ: Wie sehen Sie die Situation bei Dortmund, sie stehen in der Tabelle sogar hinter dem FCA?
Wolf: Was man nicht vergessen darf ist, dass es beim BVB im Sommer, ähnlich wie bei uns, auch einen größeren Umbruch gab. Natürlich ist die Situation für die Spieler und den Verein nicht einfach, aber ich glaube, dass sie da wieder rauskommen.
AJ: Abgesehen vom BVB – zu welchem Ihrer Ex-Vereine fühlen Sie sich noch am meisten verbunden?
Wolf: Sowohl als auch. Ich versuche viel Fußball zu schauen, zu Frankfurt habe ich noch viele Sympathien. Da habe ich auch noch viele Freunde. Köln war zwar nur ein Jahr, aber menschlich eine prägende Zeit. Und 1860 München ist natürlich besonders, weil ich dort meine Jugend verbracht habe und die Heimatnähe auch heute noch da ist.
AJ: Sie haben bereits für neun Vereine gespielt, alle in oder mit Vergangenheit in der Bundesliga. Gibt es noch Stationen, die Sie reizen würden?
Wolf: Ich habe mir nie vorher gesagt: „Da will ich unbedingt hin.“ Der Fußball ist schnelllebig, und man weiß nie, was kommt. Ich hoffe, dass ich noch lange hier in Augsburg spiele, aber man muss auf alles vorbereitet sein.
AJ: Sie haben bisher fünf Länderspiele für Deutschland gemacht. Ist die Nationalmannschaft noch ein Thema für Sie?
Wolf: Jeder Spieler wünscht sich das. Aber ich habe immer gesagt: Wenn du im Verein gut spielst, kommt die Belohnung von selbst. Daher ist der FCA mein Fokus.
AJ: In Ihrer Freizeit sind Sie oft bei NBA- oder MMA-Veranstaltungen zu sehen. Welche Sportarten begeistern Sie besonders?
Wolf: Viel NBA, viel MMA, aber auch Formel 1 und Wintersport. Ich bin generell sehr sportbegeistert.
AJ: Haben Sie einen Lieblingsspieler in der NBA?
Wolf: LeBron James – schon immer. Er ist ein Vorbild, nicht nur sportlich, sondern auch im Hinblick auf Disziplin und Regeneration. Mit 40 noch auf höchstem Level zu spielen, ist beeindruckend. Das kann man mit Cristiano Ronaldo im Fußball vergleichen.
AJ: Wie gefällt Ihnen Augsburg als Stadt?
Wolf: Sehr gut! Meine Familie wohnt nicht weit weg, das macht es einfacher. Und durch den Fußball findet man sich schnell ein – vor allem, wenn das Team einen gut aufnimmt.
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