Start Stadt & Region Das (Plärrer-)Leben der Schausteller-Powerfrauen Sarah Diebold-Gleixner & Daniela Haas

Das (Plärrer-)Leben der Schausteller-Powerfrauen Sarah Diebold-Gleixner & Daniela Haas

Schon ihre Kindheit haben sie auf dem Volksfestplatz verbracht: Die Schaustellerinnen Daniela Haas und Sarah Diebold-Gleixner (v.l.)

Wir sind reingeboren“, das geht Sarah Diebold-Gleixner und Daniela Haas beiden so. Die Rede ist vom Leben als Schaustellerinnen. Beide können eine jahrzehntelange Familiengeschichte auf Festplätzen vorweisen. Selbst sind sie direkt nach dem Schulabschluss mit eingestiegen. Aktueller Stopp: Der Augsburger Plärrer – mittlerweile mit eigenen Buden. Ein Arbeitsplatz zwischen Wohnwägen, bunten Fahrgeschäften und gebrannten Mandeln. Für jeden Plärrer-Fan klingt das nach dem absoluten Traumjob. Was dieser aber wirklich mitbringt, wie der Tag als Schausteller abläuft und wie das mit dem Familienleben zu vereinbaren ist, erzählen die beiden Frauen im Gespräch mit dem AUGSBURG JOURNAL.

Schausteller auf dem Plärrer: „Unser Alltag ist so wie bei jedem anderen auch“, sagt Sarah Diebold-Gleixner


„Unser Alltag ist so wie bei jedem anderen auch“, sagt Sarah Diebold-Gleixner. Es wird ganz normal Wäsche gewaschen, frisch gekocht und morgens mit dem Hund Gassi gegangen. Nur eben im gemütlich eingerichteten Wohnwagen auf dem Festplatz. Einen Wohnsitz – ganz ohne Räder – haben die beiden mit ihren Familien jedoch natürlich auch, im Augsburger Raum. Dort wird dann die Volksfest-freie Zeit verbracht. Haas betreibt mit ihrem Mann einen Stand zum Pfeilwerfen, zwei Kinderkarusselle und einen Süßwarenstand. Diebold-Gleixner besitzt drei Eisstände und einen Imbiss. Auf dem Herbst-Plärrer sind sie mit Pfeilwerfen und einem Eisstand vertreten. Auch wenn sie hier heimisch sind, leben sie über die Plärrerzeit im Wohnwagen. „Bei einem 16 Stunden Tag ist das einfach praktischer“, erklärt Haas.

Der mobile Wohnsitz und Arbeitsplatz der Familien gleicht einem „normalen“ Eigenheim: Hier stehen Fernseher, Sitzecke und Obstkorb.

Kennengelernt haben die Frauen sich schon als Kinder, entfernt sind sie sogar verwandt. Generell teilen sie nicht nur die gleiche Heimatstadt. Beide Ehemänner kommen aus München und jede hat ein Kind. Diebold-Gleixner eine 16-jährige Tochter, Haas einen elfjährigen Sohn. Die Teenager gehen normal zur Schule, eben immer gerade dort, wo sie aktuell sind. Um den gleichen Lernstand wie die Mitschüler behalten zu können, hilft ein digitales Klassenbuch und natürlich: viel lernen. „Man muss schon dahinter bleiben“, sagt Haas. Nur für das Abschlussjahr bleibt Sarah Diebold Gleixners Tochter Giselle jetzt in Augsburg. „Danach stellt sich auch für sie die Frage: Will ich mit einsteigen, oder eine normale Berufsausbildung machen?“, sagt die 37-jährige Mutter.

Sarah Diebold-Gleixner mit ihrer Schausteller-Bilderbuchfamilie: Ehemann Daniel Gleixner und Tochter Giselle Diebold


Mutter und Schaustellerin sein, das ist dann doch eine besondere Herausforderung. „Man geht aus dem Krankenhaus raus und direkt auf den Festplatz“, sagt Diebold-Gleixner. „Unsere beiden Kinder sind dann auch noch im Juli geboren“, fügt Haas hinzu. Zur Volksfest-Saison also. „Wenn das Baby schläft, wird sich nicht selber hingelegt, wie es viele andere Mütter machen können“, sagt Diebold-Gleixner. Es werde an der Buchhaltung gearbeitet oder Bewerbungen für darauffolgende Feste geschrieben. Das sei ganz traditionell der Job der Frauen. Harte körperliche Arbeiten, wie der Aufbau der Fahrgeschäfte, bleiben den Männern. „Wir Frauen halten den Männer den Rücken frei“, sagt Diebold-Gleixner.

Leben als Schausteller auf dem Augsburger Plärrer: „Das ist unsere Tradition“


Aber was begeistert so am Schausteller-Leben? Wieso nicht lieber ein gemütlich-geregelter Arbeitstag? „Ich würde sagen, dass ist unsere Tradition“, so Diebold-Gleixner. Sie hat es sogar einmal ausprobiert, das mit dem „normalen“ Leben als Festangestellte. Als sie ihren Mann kennenlernte, der war ursprünglich nämlich kein Schausteller. Also versuchte sich die Augsburgerin eine Zeit lang an einem Job in München. „Das war nicht mein Leben“, weiß sie jetzt. Vermutlich reizt dann auch einfach der familiäre Umgang, der auf den Festplätzen herrscht. Und das, obwohl nie klar ist, ob sie im nächsten Jahr wieder auf den gleichen Festen arbeiten können. „Wir müssen uns da jedes Jahr auf alle Feste neu bewerben“, erklärt Diebold-Gleixner. „Viele denken auch, der gesamte Plärrer packt am Ende zusammen und alle reisen gemeinsam zum nächsten Volksfest. Das ist natürlich auch nicht so.“

Das Eis für Diebold-Gleixners Stand wird jeden Tag hausgemacht. Dafür ist das mobile Eislabor immer dabei.

Für die meisten Schausteller geht es an verschiedene Orte. Die Gesichter bleiben aber trotzdem oft die Gleichen. „Mit vielen hier sind wir befreundet, manche kennen wir schon von klein auf“, so Haas. Richtig ruhig um die beiden Familien wird es eigentlich nur im Januar und Februar, wenn die Weihnachtsmärkte vorbei sind und die neue Saison noch nicht begonnen hat. Da bleibt dann auch mal Zeit für Urlaub. Und welches ist denn jetzt das Lieblingsfest? Da sind sich die Frauen – wieder einmal – einig: „Der Augsburger Plärrer, das ist unser Heimspiel!“

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