Asbest in Augsburg

Tonnen von Baumaterial mit Asbest in Augsburg in Altbauten. „Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in dieser Zeit gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger“, sagt Michael Jäger von der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Er spricht von „Asbest-Fallen“ und fordert mittels einer „Asbest-Charta“ Gegenmaßnahmen. Joachim Puhle, Obermeister der Augsburger Elias-Holl-Innung, bestätigt, dass für viele Baufirmen Asbest immer wieder ein brisantes Thema ist.


„In den vier ‚Asbest-Jahrzehnten‘ wurden in Augsburg rund 22.600 Wohnhäuser mit 89.500 Wohnungen neu gebaut. Das sind immerhin 58 Prozent aller Wohngebäude, die es heute in der Stadt gibt. Dazu kommen noch Gewerbegebäude, Garagen, Ställe und Scheunen in der Landwirtschaft“, so Michael Jäger. Der Bezirksvorsitzende der IG BAU Schwaben verweist dabei auf die „Situationsanalyse Asbest“, die die Bau-Gewerkschaft beim Pestel-Institut (Hannover) in Auftrag gegeben hat.

„Jeder muss wissen, auf was er sich einlässt“

„Asbest ist ein krebserregender Stoff. Wer in einem asbestbelasteten Haus wohnt, muss sich trotzdem erst einmal keine Sorgen machen. Erst bei Sanierungsarbeiten wird es kritisch. Dann kann Asbest freigesetzt und damit zu einem ernsten Problem werden.“ Jäger warnt vor einer „unsichtbaren Gefahr“, wenn Altbauten zu Baustellen werden: „Alles fängt mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern an. Bauarbeiter und Heimwerker haben kaum eine Chance, diese Gefahr zu erkennen.“ Bis zu 30 Jahre könne es dauern, ehe es zur Diagnose komme: Asbestose – mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs. Zum Komplett-Schutz bei einer Sanierung mit Asbest-Gefahr gehöre daher immer mindestens eine FFP3-Atemschutzmaske. Ebenso ein Muss: Overall, Schutzbrille und Handschuhe.


Altbauten in Augsburg seien ein tonnenschweres Asbest-Lager. Die krebserregende Mineralfaser stecke in vielen Baustoffen. Asbest sei oft im Putz und sogar in Spachtelmassen und Fliesenklebern. Vor allem aber im Asbest-Zement. Daraus seien vorwiegend Rohre, Fassadenverkleidungen und Dacheindeckungen gemacht worden. Eternit war typisch für den Westen, Baufanit für den Osten, so Jäger. Ein großes Problem sei Spritz-Asbest: „Hier sind die Asbestfasern schwächer gebunden. Sie können deshalb leichter freigesetzt werden. Vor allem Aufzugsschächte sowie Schächte mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen wurden früher intensiv mit Spritzasbest verkleidet“, erklärt er.

Asbest in Augsburg: Im eingebauten Zustand nicht gefährlich

Die IG BAU Schwaben spricht von einer neuen „Asbest-Gefahr“: „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten.“ Mit der Sanierungswelle drohe deshalb jetzt auch eine ‚Asbest-Welle‘ auf dem Bau. Die IG BAU will der drohenden „Asbest-Welle“ auf dem Bau jetzt mit einem Maßnahmenpaket entgegentreten. Die Bau-Gewerkschaft hat dazu eine bundesweite „Asbest-Charta“ mit zentralen Forderungen für mehr Schutz vor Asbest vorgelegt. „Es geht dabei um bessere Informationen über Asbest-Gefahren bei Gebäuden, um die Förderung von Asbest-Sanierungen wund vor allem auch um konsequenten Arbeitsschutz. „Jeder Bauarbeiter und jeder Heimwerker muss wissen, auf was er sich einlässt, wenn er Fliesen abschlägt, Wände einreißt oder Fassaden saniert“, so Jäger.


Die Dimension und damit auch die Gefahr, die vom Asbest ausgehe, sei gewaltig: Insgesamt sind nach Angaben des Pestel-Instituts von 1950 bis 1990 bundesweit rund 4,35 Millionen Tonnen Asbest importiert worden. Daraus seien rund 3.500 Produkte hergestellt worden – die meisten davon für den Baubereich. In den vergangenen zehn Jahren sind nach Angaben der IG BAU 3.376 Versicherte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft an den Folgen einer asbestbedingten Berufserkrankung gestorben – darunter allein 320 Baubeschäftigte im vergangenen Jahr.


Joachim Puhle, Obermeister der Bauinnung Elias Holl, bestätigt, dass Asbest bei den verschiedensten Baumaßnahmen immer wieder ein Thema sei. Immer dann, wenn es um Gebäude geht, an denen vor 1993 gebaut worden war. Damals sei Asbest verboten worden, es seitdem auch nicht mehr eingebaut worden. Davor wurde es sehr verschieden verwendet, in bestimmten Bodenbelägen ebenso wie in Fugendichtungen oder Fassaden („Eternit-Platten“). Immer wenn bei Umbau- oder Sanierungsarbeiten der Verdacht auf Asbest auftrete, seien die Bauherren gefordert, unter Einschaltung eines Sachverständigen abzuklären, was zu tun sei. Immerhin stehe die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter auf dem Spiel, so Puhle. Und das könne dann tatsächlich so weit führen, dass Arbeiter in Spezialanzügen, „Marsmännchen“, zunächst die belasteten Substanzen zu beseitigen hätten, bevor der eigentliche Umbau beginnen könne. Dass das Thema derzeit hochkoche, erklärt Puhle damit, dass die Grenzwerte im Umgang mit Asbest noch einmal verschärft worden seien, weswegen man jetzt noch wachsamer sein müsse. Puhle beruhigt aber all jene, die in einem Gebäude wohnen, das aus der „Asbest-Zeit“ stammt. Im eingebauten Zustand sei das Material in der Regel nicht schädlich, Untersuchungen hätten keine erhöhten Belastungen in der Raumluft ergeben. Auch wer den einen oder anderen Nagel in die Wand schlage, setze sich keiner erhöhten Gefahr aus. Das könne aber passieren, wenn Häuslebauer in größerem Umfang selbst zu bauen beginnen. Wer mit der Maschine Löcher in eine Wand bohre, der sollte sich in jedem Fall mit einer Maske vor dem Bohrstaub schützen, egal, welche Art von Wand man bearbeite. Das gelte umso mehr bei intensiven Bauarbeiten an älteren Trockenbauwänden, dort könnte ja Asbest schlummern. sig


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