Eine Seefahrt, die ist lustig, so heißt es im Kinderlied. Gar nicht lustig findet Bela Balogh, seit 2015 Pächter der Augsburger Kahnfahrt, wie die Stadt mit ihm und einem Wahrzeichen der Stadt, das Touristen aus der ganzen Welt begeistert, umgeht.
Ein „sensibleres und auch clevereres Vorgehen“ hätte er sich gewünscht. Immerhin seit 147 Jahren betreibt seine Familie die Gastronomie und den Bootsverleih am Stadtgraben in der Jakobervorstadt. Generationen von Bürgern und Besuchern sind hier eingekehrt oder sind beim Familienausflug an der Stadtmauer entlang gerudert. Das ist jetzt wohl erst einmal Geschichte. Denn trotz blumiger Unterstützungszusagen und vermeintlicher Rettungsvorschläge – so titelte die Pressesprecherin der Stadt in ihrer offiziellen Mitteilung „Die Kahnfahrt bleibt erhalten!“ – Fakt ist: Bela Balogh sieht seine Existenz am Ende. Seit ihm am 8. März die Unterlassungserklärung zum Betrieb von Gastronomie und Bootsverleih ins Haus flatterte, hat er kaum noch geschlafen.
Daran ändert auch eine in Windeseile hervorgezauberte telefonische Zusage aus dem Liegenschaftsamt nichts, die einen eingeschränkten Betrieb ab 1. April bis zum Ende der Saison in Aussicht stellt. Doch einen reinen Biergarten- und Bootsverleihbetrieb, der zudem auf insgesamt 60 Personen begrenzt ist, sieht Balogh als wirtschaftlich nicht tragbar. Sämtliche Reservierungen, etwa für Ostern, hat er bereits abgesagt; die Online-Reservierungsfunktion ist abgeschaltet und auch dem Biergarten-Personal will er keine falschen Job-Hoffnungen machen. Denn jetzt, Mitte März, würde er im Normalfall die Boote und das gesamte Areal auf Vordermann bringen – stattdessen muss er sich erstmal sortieren und auf die Suche nach einem Anwalt begeben.
Augsburger Kahnfahrt vor dem Aus
Was seit einer knappen Woche, in der der Sachverhalt öffentlich bekannt wurde, hohe Wellen schlägt, mutet gelinde gesagt an wie eine Provinzposse: Bei einer routinemäßigen Brandschutz-Kontrolle bemängelte die Feuerwehr im Juni letzten Jahres, dass ein zweiter Rettungsweg aus dem Areal fehle. Bei vorherigen Begehungen, die im 5-Jahresrhythmus stattfanden, war dies offenbar nie aufgefallen. Doch Balogh ist einsichtig: „Natürlich unterstütze ich sämtliche Brandschutz-Vorgaben. Keiner meiner Gäste soll in irgendeiner Weise gefährdet werden.“ Doch im Zuge der Ermittlungen wurde man dann im Liegenschaftsamt wohl darauf aufmerksam, dass das vor 50 Jahren entstandene Restaurantgebäude entlang der Stadtmauer ein Schwarzbau sei. Im Dezember `22 wurde Balogh schließlich erstmals ins Liegenschaftsamt zitiert und über eine drohende Nutzungsunterlassung für die von der Stadt als Besitzerin verpachtete Kahnfahrt informiert.
Balogh hätte sogar Abrisskosten tragen sollen
Bei einem zweiten Besuch wurde ihm gar vorgeschlagen, sich die 200 Euro Gebühr für den drohenden Bescheid zu sparen und den Schwarzbau auf eigene Kosten zu beseitigen. „Das muss man sich mal vorstellen“, schüttelt der 53-Jährige, der in und mit der Kahnfahrt aufgewachsen ist, den Kopf. „Ich sollte auf Geheiß der Stadt aus eigener Tasche etwas abreißen, das mir von der Stadt verpachtet wird, mir gar nicht gehört und das ich auch nicht gebaut habe … natürlich konnte ich diesem Vorschlag nicht zustimmen.“ Jetzt ruderte die Stadt wiederum zurück und stellte in Aussicht, die Abrisskosten zu übernehmen. Balogh solle dem zustimmen und seinen Duldungsantrag dahingehend stellen, würde sich damit aber nach eigener Aussage etwaige Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber der Stadt als Vermieterin verbauen. Und: „Nach jetzigem Stand ist aus Sicht der Stadt für die Zeit ab 2024 eine Neuplanung der Augsburger Kahnfahrt erforderlich“, heißt es in erwähnter Pressemitteilung der Stadt.
Was das konkret für Balogh heißt, ist eigentlich klar. Für ihn ist spätestens dann erst einmal Schluss. Denn die Zeitspanne von der Planung bis hin zur Umsetzung einer „neuen Kahnfahrt“ bleibt völlig offen. Von der ungewissen Höhe einer zukünftigen Pacht einmal ganz abgesehen. „Wie es für mich weitergehen soll? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung“, resümiert der Gastronom mit Resignation in der Stimme.