Start Stadt & Region Interview zu Oberhausen – Aufbruch oder Niedergang?

Interview zu Oberhausen – Aufbruch oder Niedergang?

Wie sich die Unternehmer Maximilian-Philipp Walser & Alexander Ferstl (re.) für ihren Stadtteil einsetzen

In Oberhausen bleibt die Lage um den geplanten Süchtigentreff im ehemaligen Pfarrhaus von St. Johannes weiter angespannt. Ende Juli tagt der Stadtrat zu diesem Thema und wird voraussichtlich eine Entscheidung treffen. Die beiden Unternehmer Maximilian-Philipp Walser (Walser Immobilienprojekte GmbH) und Alexander Ferstl (Modehaus Jung) haben sich aus guten Gründen früh gegen den Vorschlag der Stadt gewehrt und viele Alternativen vorgeschlagen. Im exklusiven AUGSBURG JOURNAL-Interview erklären sie die Hintergründe und Pläne.

Augsburg Journal: Herr Walser, Sie haben der evang. Kirche ein Kaufangebot für St. Johannes unterbreitet. Wie kam es dazu?

Maximilian-Philipp Walser: Der Stadtrat hat beschlossen, die Süchtigenszene vom Oberhauser Bahnhof wegzuverlagern. Stattdessen soll im ehemaligen Pfarrhaus von St. Johannes, direkt an der Wertachbrücke, ein Groß-Süchtigentreff entstehen. Die Pfarrerin möchte die Immobilien hierfür an die Stadt Augsburg vermieten. Da ich ein entschiedener Gegner dieses Vorhabens bin, habe ich der evangelischen Gemeinde, für die die Gebäude eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen, ein Kaufangebot unterbreitet, mit der Absicht, dort etwas Positives für den Stadtteil zu entwickeln.

AJ: Was spricht gegen den Süchtigentreff an diesem Standort?

Walser: Das haben wir in den vergangenen Monaten den Bürgen sowie den Verantwortlichen der Stadt bereits dargelegt und von Bürgerseite viel Unterstützung erhalten. Interessant ist, dass die evangelische Pfarrgemeinde zusammen mit der Diakonie sowie die Stadt Augsburg die Handlungsempfehlungen eines renommierten Forschungsverbunds, der in Deutschland und Frankreich objektive Risiken und subjektiv gefühlte Gefahren in urbanen Räumen, in denen Drogen präsent sind, untersucht hat, komplett ignorieren.

AJ: Welche wären das?

Walser: Die Handlungsempfehlungen der DRUSEC und auch vieler anderer Fachleute besagen, dass größere Suchthilfeeinrichtungen in einer Stadt so platziert werden sollen, dass sie sich nicht in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen mit Publikumsverkehr, Schulen, Kindertagesstätten oder anderen Institutionen für Kinder und Jugendliche befinden. Aber genau das wäre bei diesem Standort der Fall. Deshalb lehnen wir diesen ab.

AJ: Wo sollen die suchtkranken Menschen stattdessen betreut werden?

Alexander Ferstl: Gemeinsam mit den Mitgliedern der Aktionsgemeinschaft „Unser Oberhausen“ haben wir uns ganz intensiv mit alternativen Standorten auseinandergesetzt, Kontakte zu Eigentümern gesucht und Gespräche mit der Stadt vermittelt. Neben einem Neubau auf einem Gewerbegrundstück in Kriegshaber, wäre die Polizeiinspektion 5 in der August-Wessel-Straße, die ab 2026 zur Verfügung steht, etwa ein geeigneterer Standort. Darüber hinaus haben wir durch einen renommierten Architekten ein vollständiges Konzept für einen Modulbau direkt am Oberhauser Bahnhof, der allen Anforderungen gerecht würde, und günstig und schnell umzusetzen wäre, vorgelegt. Leider scheint die Stadt Alternativen nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Das ist schade. Meiner Meinung nach gehören harte Drogen nicht in die Nähe von Kindern und Jugendlichen oder allgemein schutzwürdigen Orten der Allgemeinheit. Dies gilt umso mehr, nachdem zwischenzeitlich ein innerhalb der Einrichtung geplanter Drogenkonsumraum endgültig durch die Staatsregierung abgelehnt wurde. Wir müssen suchtkranken Menschen helfen. Dazu haben wir als Gesellschaft die Pflicht. Aber nicht auf Kosten von Familien, Kindern und Jugendlichen.

AJ: Welche Ideen schweben Ihnen für die kirchlichen Immobilien denn vor?

Walser: Ich sehe verschiedene Nutzungskonzepte für das ehemalige Pfarrhaus und den Gemeindesaal, wie ein Jugendzentrum oder eine Kindertagesstätte, da der Bedarf an Kindertagesbetreuung in Oberhausen überproportional hoch ist. Der Sakralbau könnte ein Raum der Begegnung werden, mit Ideen wie einem interreligiösen „Haus der Himmel“ oder einer gemeinnützig betriebenen Markthalle.

Das Römische Museum am Standort von St. Johannes in Oberhausen wäre ideal

AJ: Eine Ihrer anderen Ideen, nämlich dort das Römermuseum unterzubringen, hat bereits einiges an Beachtung gefunden …

Walser: Das wäre ideal. Ich sage schon lange, dass das römische Museum nach Oberhausen, dem römischen Ursprung von Augsburg, gehört. In Verbindung mit einer italienischen Espresso- und Aperitivo-Bar mit Außenplätzen am schön gestalteten Friedensplatz, einem Römer-Erlebnispfad entlang der Wertach, einem barrierefreien, inklusiven Römer-Wasserspielplatz an der Dieselbrücke und einem jährlichen Römerfest in Oberhausen wäre das doch eine runde bzw. römische Sache und definitiv eine Bereicherung für Oberhausen mit deutlicher Strahlkraft weit über Augsburg hinaus. Ich mache bereits heute der Stadt Augsburg das Angebot, den Sakralbau für das römische Museum kostenlos zur Verfügung zu stellen.

AJ: Herr Ferstl, auch Sie planen, mit Bauvorhaben ausgehend vom Modehaus Jung, den Stadtteil attraktiver zu gestalten, welche Ideen haben Sie?

Ferstl: Auch wir sind vom Strukturwandel im Einzelhandel betroffen und deshalb zu grundsätzlichen Veränderungen gezwungen. Wir wollen perspektivisch den ganzen Standort aufwerten und damit die positive Entwicklung an der Wertachbrücke, wie bereits mit dem Leonardo Hotel geschehen, weiter befeuern. Unsere Planungen und Gespräche mit der Stadt laufen bereits seit über zwei Jahren und umfassen unter anderem die komplette Überbauung des Parkplatzes zur Schaffung von Wohnraum. Zusätzlich sind weiteres Gewerbe, Gastronomie, Büros und Arztpraxen vorgesehen. Darüber hinaus soll auch ein Supermarkt auf dem Areal entstehen, welcher ebenfalls nach Meinung der Stadt und der Wirtschaftsförderung im Quartier fehlt. Die nötigen Stellplätze sollen zukünftig in eine Tiefgarage verlegt werden. Das Modehaus wird mit einem neuen und modernen Auftritt am bestehenden Standort auf grunderneuerten Flächen selbstverständlich weiterbetrieben. Natürlich sind wir besorgt, ob sich das Projekt bei einer zu befürchtenden Abwertung des Viertels entsprechend umsetzen lässt.

AJ: Herr Walser, was schwebt Ihnen noch vor?

Walser: Ich habe viele Ideen, die einen positiven Effekt für Oberhausen hätten. Als beispielsweise vor einigen Jahren das Leonardo Hotel an der Wertachbrücke entstand, hatte ich der damaligen Stadtregierung die Idee unterbreitet, die WBG solle auf dem riesigen Areal in der Schwimmschulstraße, auf dem überwiegend Verkehrsschilder lagern, etwas attraktives entwickeln. Neben so dringend benötigtem bezahlbarem Wohnraum, wäre eine trendige Gastronomie an der Wertach eine erhebliche Bereicherung für den Stadtteil. Mir ist schleierhaft, wie ein rund 9.000 Quadratmeter großes Areal, das sich in Westausrichtung direkt am Flusslauf befindet, als Lagerplatz genutzt werden kann – quasi mitten in einer Wasserstadt von Weltrang. Überall auf der Welt zählen Grundstücke an Flüssen und Seen zu den bevorzugtesten Lagen und in Augsburg wird auf solch einer Fläche ein städtischer Lagerplatz betrieben – das ist doch grotesk!

Das sagen bekannte Augsburger zur Situation in Oberhausen

Maximilian Kummer:Oberhausen bietet enormes Potential und benötigt mehr Beachtung bei der Stadtentwicklung. Neue Flächen für Begegnungen und gleichzeitig Entschärfung von Brennpunkten schafft ein junges Stadtbild und unterstützt dabei die Dynamik und Attraktivität unserer Stadt, mit der die Innenstadt aktuell massiv zu kämpfen hat.“

Christoph Peter Steinle: „Kein anderes Viertel bietet so eine kulinarische und kulturelle Vielfalt wie Oberhausen. Allerdings ist die Außenwahrnehmung meist nur durch die Brennpunkte und Negativmeldungen geprägt. Hier muss entschlossen und nachhaltig gehandelt werden damit dieses lebenswerte Viertel den Ruf erhält, den es verdient.“

Dr. Manuel Straßer: „Ein römisches Museum für Augsburg ist ein absolutes Muss, jede Initiative, die die Stadt dabei unterstützt, löblich und förderungswürdig, eine Beheimatung an einem zentralen Standort mit römischem Bezug (erstes Römerlager in Oberhausen) ein Glücksfall.“

Rudolf Otto Reisch: „Seit über 100 Jahren wohnt unsere Familie am Oberhauser Bahnhof. Wir haben dort auch investiert, weil wir an die Zukunftsfähigkeit dieses zentralen, multikulturellen Ortes mit den idealen ÖPNV-Verbindungen zwischen Uniklinik und Josephinum glauben. Auch mit den Süchtigen konnten und können wir leben. Allerdings muss hier dringend etwas getan werden, da die Unannehmlichkeiten massiv überhandgenommen haben. Die Millionen, die für eine unseres Erachtens derzeit definitiv nicht gebotene Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes vorgesehen sind, müssen großteils in die Drogenhilfe fließen. Mit einer Umsiedelung in den neu geschaffenen Bereich der beiden Kirchen an der Donauwörther Straße konterkariert man den dortigen Sanierungswillen des einstigen Problemviertels inmitten einer Wohngegend, im Bereich von Schulen und Kitas. Mit attraktiven neuen Nutzungen des dortigen Bestands (Römisches Museum) und der Bereitschaft zu privaten Groß-Investitionen (Modehaus Jung) entwickelt sich der Standort an der Wertachbrücke unerwartet positiv. Für die Drogenabhängigen gibt es wirksame und sinnvolle Alternativen, wie Beispiele und Studien zeigen.“

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