Seinsch ist ein Name, der vor allem in Augsburg bekannt ist. Fest verbunden mit dem FC Augsburg und dessen Weg in die erste Fußball-Bundesliga sowie dem Bau der WWK-Arena. Dies könnte sich in Zukunft ändern. Jörn Seinsch, Sohn des ehemaligen FCA-Investors und Präsidenten Walther Seinsch, möchte den Namen auch auf die politische europäische Bühne bringen. Der 44-Jährige kandidiert derzei im Europawahlkampf für die SPD. Grund genug für das Augsburg Journal, bei ihm und seiner Lebensgefährtin Lara Hammer in ihrer gemeinsamen Wohnung in der Augsburger Innenstadt vorbeizuschauen.
Bei Jörn Seinsch kommt der Drang, etwas in der Gesellschaft zu verwirklichen, nicht von ungefähr. „Ich bin einfach in einem sehr, sehr politischen Haushalt groß geworden. Mein Vater ist bei den Jusos sozialisiert worden als junger Bursche. Bei uns gab es schon immer am Abendbrottisch gesellschaftliche und politische Gespräche“, erzählt der heutige Politiker. Dabei kam der Gedanke, in die Politik zu gehen, erst relativ spät. Eigentlich wollte Seinsch sich eher künstlerisch verwirklichen und damit auf die Probleme unserer Zeit aufmerksam machen. „Ich habe Theater und Dramaturgie studiert, wollte dann Dokumentarfilme machen und habe in München auch in die Richtung gearbeitet“, erinnert er sich an die Jahre nach seinem Schulabschluss zurück.
Über den FC Augsburg in die SPD
Doch das Leben hatte andere Pläne. Als der FCA aufstieg, kam der Anruf aus Augsburg von seinem Vater, der nach seinem Erfolg im Modegeschäft mit der Firma Takko nun auch im Fußball auf dem Vormarsch war. Jörn konnte nicht ablehnen und begann seine Karriere im Marketing des Vereins, bevor er ein Jahr später ins Stadionmanagement wechselte. „Als das Stadion gebaut wurde, wollte mein Vater, dass die Jungs aus der Geschäftsstelle den Rasen mähen.“ Das war keineswegs nur ein Spruch, Seinsch Senior ließ seinen Worten wie üblich Taten folgen. „Die Jungs haben tatsächlich ein paar Mal den Rasen gemäht, bis sich dann irgendwann die Vernunft durchgesetzt hat und klar war, das geht so nicht“, erinnert er sich lachend an die Anfangszeiten. Mittlerweile arbeiten aber ca. 20 Leute in der Abteilung, Seinsch hingegen hatte nach acht Jahren andere Pläne.
Er suchte eine neue Herausforderung. Diese fand er nicht nur beruflich, sondern auch privat, als er Lara Hammer traf, die damalige Wahlkampfleiterin und stellvertretende Parteivorsitzende der SPD in Augsburg. „Die SPD hat uns zusammengebracht“, erzählen sie gemeinsam von ihrem Kennenlernen bei einer Mitgliederschulung für den Europawahlkampf 2019. Seitdem bilden die beiden ein starkes Team, das nicht nur politisch, sondern auch im Alltag Hand in Hand geht. Das Paar ergänzt sich dabei perfekt, Jörn mit seiner „besonderen Positivität, die er ausstrahlt“, die die 31-Jährige an ihrem Partner bewundert und Lara mit ihrer „einfühlsamen und hartnäckigen Art“, die Jörn ideal unterstützt. Gemeinsam wohnen sie nun mit ihrem Kater Carlo in einer gemütlichen Mietwohnung in der Nähe der Stadtmauer, wo sie sich aktuell in jeder freien Minute auf den Europawahlkampf konzentrieren. „Für Europa“ lautet ihr Motto, mit dem Ziel, die Wahlbeteiligung zu steigern und ein Zeichen gegen Extremismus zu setzen.
Jörn Seinsch: Gräben zwischen Politik und Bürgern überbrücken
Während Seinschs politische Laufbahn im Hintergrund langsam Gestalt annahm, verschaffte ihm Michael Ströll FCA-intern die Möglichkeit, sich auch innerhalb des Vereins mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. „Ich war sofort Feuer und Flamme, als er das Thema aufgebracht hat“, blickt der Sustainability Manager zurück, während er einen Schluck aus seiner Cola trinkt. Mittlerweile verfügt der Verein über eine ausgeklügelte Nachhaltigkeitsstrategie, aufgeteilt auf mehrere Säulen. Teil davon sind unter anderem der FCA-Wald, Bewegungs- sowie Bildungsprojekte und die Erinnerungsarbeit, die Seinsch auch aufgrund der Stiftung Erinnerung seiner Eltern persönlich sehr am Herzen liegt. Diese Vorprägung ist ebenfalls ein bedeutender Bestandteil seiner politischen Arbeit, die sich durch den Willen auszeichnet, Gräben zwischen der Politik und den Bürgern zu überbrücken.
Allgemein würde sich Seinsch eine größere politische Teilhabe in Deutschland wünschen. „Mein Vater sagt immer, der ADAC hat 16 Millionen Mitglieder, alle politischen Parteien insgesamt nicht einmal eineinhalb Millionen. Den Deutschen ist ihr Auto mehr wert als ihre Gesellschaft. Das ist natürlich etwas überspitzt dargestellt, zeigt aber, dass es für uns viel Arbeit gibt.“
Arbeit, die Seinsch gerne von Brüssel aus direkt mitgestalten würde. Aber selbst wenn es nicht klappen sollte mit einem Einzug ins Parlament – dafür müsste die SPD auf einen Stimmanteil von 40 Prozent kommen – würde das nichts an seinem Engagement ändern. Denn seinem Traum, etwas Positives in der Gesellschaft zu bewirken, geht er bereits seit Jahren nach, die Wahl am 9. Juni entscheidet einzig über die Art und Weise. jk
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