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Prof. Dr. Dr. Michael C. Frühwald: Die entscheidende Rolle der Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg

Prof. Dr. Dr. Michael Frühwald über die Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg.

Im Augsburg Journal-Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Michael Frühwald erklärt der Chefarzt des Uniklinik-Kinderkrebszentrums wie die „Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg“ einen entscheidenden Beitrag zur Unterstützung von krebskranken Kindern und ihren Familien leistet.

Augsburg Journal: Wie wichtig sind Vereine wie die „Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg“ für Ihre Arbeit hier am Kinderkrebszentrum?

Michael C. Frühwald: Die Elterninitiative ist unser größter und wichtigster Unterstützer und hilft uns seit vielen Jahren extrem komplikationslos. Das ist mir sehr wichtig zu betonen. Im Gegensatz zur Krebsbehandlung Erwachsener, ist die Versorgung von Kindern und Jugendlichen schon komplexer. Man behandelt ja nicht nur das Kind, sondern – was oft vergessen wird – die ganze Familie. Ein Vater, dem der Job-Verlust droht, angewiesen auf das Wohlwollen des Arbeitgebers, wenn es um unkomplizierte Freistellungen geht. Eine Mutter, die viel Zeit am Krankenbett verbringt oder mögliche Geschwisterkinder, die ebenfalls betreut werden müssen. In einer solchen Ausnahmesituation entstehen in den Familien viele Spannungen und unter Umständen auch psychische Probleme.

Einfluss des „Elternhauses“ auf die psychosoziale Situation der Familien

AJ: Welche Rolle spielt die Betreuung der Angehörigen eines krebskranken Kindes im Hinblick auf den Zusammenhalt einer Familie?

Frühwald: Die Krebserkrankung eines Kindes kann Spannungssituationen auch unter Ehepaaren auslösen. Hier besteht ein außerordentlicher Stress und eine Existenznot. Und auch hier spielt die Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg eine Riesen-Rolle, da sie einen Teil unserer psychosozialen Mitarbeiter finanziert, die in den gesetzlich geregelten Fallpauschalen überhaupt nicht einkalkuliert sind. So einen Rückhalt können wir ärztlich oder pflegerisch nicht leisten, dazu braucht es Profis, die man den Familien unterstützend an die Seite stellt. Ich bin übrigens fest überzeugt, dass nach Ende der Krebsbehandlung die Familien nach einer solchen fachkundigen Betreuung besser in ihr altes Leben zurückfinden.

AJ: Ist durch den Bau des „Elternhauses“ auf dem Klinikgelände die psychosoziale Situation für betroffene Familien spürbar besser geworden?

Frühwald: Die Situation wurde dadurch eindeutig verbessert. Nur ein Beispiel: Wir haben in der Ukraine-Krise viele Mütter, die mit ihren Kindern alleine kommen und denen wir ohne die Unterbringung im Elternhaus gar nicht helfen könnten. Während der Coronakrise, als das Elternhaus nur zu Hälfte belegt werden konnte, spürten wir deutlich, was für eine Entlastung es für uns in der Klinik ist, wenn ein Rückzugsort für die Eltern existiert und wenigstens hin und wieder eine Art Familienleben stattfinden kann. Gerade in einer solchen Zeit ist ein Minimum an Privatsphäre extrem wichtig.

AJ: Wenn man zurückblickt auf die letzten 40 Jahre, wie hat sich die Geldgeber-Situation verändert?

Frühwald: Die private Unterstützung nimmt immer noch zu viel Raum ein und es geht immer noch alles zu langsam – aber es hat sich etwas getan. Vor ein paar Jahren gab es eine Hochrechnung unserer Fachgesellschaft, dass Fördervereine in Deutschland zur Regelversorgung von Kindern im Krankenhaus jährlich mit immer noch 40 Millionen Euro beitragen – für Dinge, die eigentlich in die Kostenstelle der Sachaufwandsträger gehören (z.B. medizinische Geräte, Fahrtkosten zu Untersuchungen…). Mittlerweile hat man ab einer bestimmten Anzahl von Kinderpatienten immerhin psychosoziale Mitarbeiter bewilligt, allerdings steht so etwas seitens der Krankenhausverwalter permanent unter Beschuss und man verweist die Finanzierung gerne an die jeweiligen Elternvereine. Es ist daher wichtig, gemeinsam mit den Vereinen ununterbrochen Druck aufzubauen, auf die Effektivität solcher Maßnahmen hinzuweisen und Zwischenlösungen zu finden. Wir haben beispielsweise Projekte gestemmt, bei denen der Verein eine Anschubfinanzierung geleistet hat und das Krankenhaus den Rest selbst beibringen mussten. Diese Zusammenarbeit klappt mit der Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg hervorragend. Es ist zwar sehr anstrengend, einen solchen Druck dauernd aufrechtzuerhalten, aber es funktioniert. Hin und wieder lehnt der Verein unsere Anträge auch ab, etwa wenn damit die Grenzen der Aufgabenbereiche privater Unterstützervereine überschritten würden. Manchmal sind solche Ablehnungen für uns aber nützlich, um die wirklich Verantwortlichen aufzufordern, das Problem zu lösen. Da die Elterninitiative alles über ein transparentes Antragsverfahren regelt, ist das Ganze auch kein willkürlicher Selbstbedienungsladen – sondern äußerst effektiv, zumal unsere Anträge innerhalb weniger Wochen beantwortet werden. Wenn ich das in den Vergleich zu anderen Trägern setze, die zum Teil ein bis zwei Jahre nur für eine Rückmeldung brauchen, sind wir hier vor Ort hervorragend bedient.

AJ: Welche neuen Möglichkeiten bietet ein Hochtechnologiegerät wie das der Firma NanoString, das Sie vor kurzem mit einer Großspende der Elterninitiative anschaffen konnten?

Frühwald: Mit dieser Methode wird für uns das Entstehen der Erkrankungen sichtbar. Wir können darstellen, wie die Tumorzellen mit den umgebenen Zellen interagieren. Das wird unsere Therapien innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre deutlich verändern. Wir werden individualisierte Therapiemaßnahmen ergreifen können, weil wir sehen, was genau in den Zellen passiert. Zum Verständnis: Bisher haben wir quasi mit dem Fernglas auf eine Situation im Körper schauen können, jetzt ist es ein Mikroskop. Dinge, die unklar waren, können wir sichtbar machen. Bisher mussten wir Tumor- und umgebende Zellen zerstören. Jetzt können wir das Geschehen viel genauer lokalisieren. Man erkennt, welche Zellen man behandeln und welche man in Ruhe lassen sollte. Wenn ich diese Bilder sehe, komme ich mir vor wie ein Sechsjähriger unterm Christbaum. Wir sind momentan übrigens die einzige Klinik in Bayern mit einem solchen Gerät – und die Kollegen sind ziemlich neidisch, wenn sie hören, dass wir in Augsburg eines besitzen.

Zukünftige Wünsche und Hoffnungen für die Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg

AJ: Haben Sie aktuell einen besonderen Wunsch an die Elterninitiative?

Frühwald: Dass man dort genauso weiterarbeitet wie bisher und mit uns gemeinsam nicht nachlässt, dem Druck von außen standzuhalten. Die krebserkrankten Kinder sind unsere Aufgabe, wir stemmen uns gegen alle politischen Einschränkungen oder Sparmaßnahmen. So läuft es seit Jahren und insofern ist der Verein ein perfekter Partner für uns. Ich selbst habe große Freude, mit Kindern zu arbeiten und sie zu betreuen. Es ist herausfordernd, aber die Kinder geben einem alles zurück. Wie bin ich doch privilegiert, an der Freude eines Kindes teilzuhaben, das gesund wurde!
Interview: Iris Steiner

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