Es ist ein weiterer Fall in einer Kette von Missbrauchsfällen im Bistum Augsburg: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts von sexuellem Missbrauch bei den renommierten Augsburger Domsingknaben. Ein ehemaliger Mitarbeiter soll die Buben zwischen 2017 und 2020 heimlich nackt beim Duschen gefilmt haben. Bei den Ermittlungen geht es um Kinderpornografie und sexuellen Missbrauch. Die Geschichte beginnt laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks in London.
In der britischen Hauptstadt war der verdächtige ehemalige Sekretariatsmitarbeiter (Assistent des Kulturmanagers) der Domsingknaben offenbar wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material ins Visier der Ermittler geraten. Auf dem Smartphone des heute 25-jährigen fanden die Ermittler 378 Kinderporno-Inhalte.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurde auch sein Rechner sichergestellt, verschlüsselte Daten konnten durch Spezialisten der Generalstaatsanwaltschaft ausgewertet werden. Dabei entdeckten die Ermittler die Aufnahmen aus den Toiletten und Duschen. In der Folge sei dann aufwendig versucht worden, die abgebildeten Personen zu identifizieren und anschließend als Zeugen zu vernehmen. 34 Betroffene seien identifiziert, einige noch nicht, heißt es.
Bayerns oberster Kinderpornografie-Fahnder, Oberstaatsanwalt Thomas Gloger, sagte der BILD-Zeitung: „Es wurden 160 Videos festgestellt, die männliche Kinder und Jugendliche zeigen.“ Aufgrund des früheren Jobs des Tatverdächtigen bei den Augsburger Domsingknaben war schnell klar: bei den Opfern handelte es sich um ehemalige oder aktuelle Schüler der katholischen Einrichtung in Augsburg.
Der Verdächtige lebte zuletzt in seiner Geburtsstadt Dresden. Er soll sich auf freiem Fuß befinden. Gegen ihn laufen seit 2020 Ermittlungen wegen des Verdachts des Erwerbs und Besitzes kinderpornografischer Schriften, wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen sowie sogar wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs. 2017 lebte der Mann noch in München. In seiner Wohnung soll er nach den Ermittlungen auch einen damals 13-jährigen Buben missbraucht haben.
Link zu einer Auflistung von Missbrauchsfällen im Bistum Augsburg
Die Erzdiözese Augsburg teilte dem BR mit, dass die Einrichtung in dem Verfahren als Zeugin geführt werde. Eine Sprecherin: „Wir wurden im Oktober 2022 von Ermittlungsbehörden kontaktiert, haben die Behörden im Verfahren gegen den ehemaligen Mitarbeiter durch enge Zusammenarbeit unterstützt.“ Die Eltern seien in Informationsabenden in Kenntnis gesetzt worden. Den Betroffenen seien Hilfsorganisationen an die Hand gegeben worden, um die Geschehnisse aufzuarbeiten.
Der Verdächtige soll insgesamt fünf Jahre bei den Domsingknaben gearbeitet haben. Er sei in dieser Zeit auch bei Konzertfahrten der Sänger als Begleitperson dabei gewesen. Der kaufmännische Geschäftsführer der Domsingknaben, Leonhard Fitz, sagte dem BR: Man sei „überrascht und überrumpelt“ gewesen, weil man die Taten nicht habe verhindern können. Selbst die in Augsburg zuständige Ermittlerin aber habe eine so hohe kriminelle Professionalität bei dem Verdächtigen ausgemacht, dass man die Taten nicht habe mitbekommen können.
Die Eltern der Betroffenen seien bereits seit den ersten Verdächtigungen im Oktober 2022 informiert worden, mit Rücksicht auf die Opfer habe man die Öffentlichkeit erst jetzt informiert, so die Domsingknaben.
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