Die moderne Oper „Angel´s Bone“ hat auch Münchner Theaterkritiker ins Staatstheater Augsburg gelockt. Es war die europäische Uraufführung eines Werkes der amerikanisch-chinesischen Künstlerin Du Yun, die 2016 mit dem Stück den begehrten den Pulitzerpreis gewann.
Die Handlung: Gleich mit einem Streit zwischen dem im Mittelpunkt stehenden Ehepaar Mr. und Mrs. X.E. beginnt die Oper „Angel‘s Bone“. Von Geldproblemen geprägt, scheint die Ehe dem Aus entgegenzusteuern. Dann kommt durch einen überraschenden Fund die erhoffte letzte Rettung. Zwei schwer verletzte Engel, vom Himmel gestürzt, finden sich im Garten des Ehepaars wieder. Girl Angel und Boy Angel erhoffen sich Hilfe von den Menschen. Mrs. X.E. aber sieht die beiden als Geschenk Gottes, um sich selbst aus der finanziellen Misere zu retten und befiehlt ihrem Mann, die Flügel der beiden zu rupfen. Anschließend bietet sie die beiden hilflosen Engel in ihrer Kirchengemeinde für private sexuelle Sitzungen an. Ein bedrückendes Thema mit erdrückender Musik – komponiert von der extra aus New York nach Augsburg angereisten Du Yun. Das Stück sorgte für viel Diskussion.
Der Münchner Merkur urteilte: „Das Staatstheater Augsburg traut sich da was… Was Du Yun … hier schuf, ist eine nur vordergründig reale Handlung. Es ist vielmehr eine schwarze Parabel auf Menschenhandel und Prostitution, Kindesmissbrauch und Bigotterie. Dazu gibt es einen anarchischen Stilmix zwischen verschmutzter Gregorianik, hartem Rock, frei flottierenden Musikgesten und Musical. Regisseurin Antje Schupp „beantwortet die Fliehkräfte der Musik mit einer auf mehreren Schichten arbeitenden, präzise geformten Regie. Dirigent Ivan Demidov vollbringt das Wunder, alles inklusive Augsburger Philharmonikern zusammenzuhalten. Und was Luise von Garnier (Mrs. XE.) und Wiard Witholt (Mr. XE) , Alma Naidu (Girl Angel) und Claudio Zazarro (Boy Angel) bis zur Selbstaufopferung spielen, verdient eine tiefe Verneigung“, schrieb Kritiker Markus Thiel.
Intendant André Bücker sagte nach der Premiere, was Luise von Garnier gespielt habe, sei das Beste, was er je in einem Musiktheater gesehen habe.
BR Klassik meint unter der Überschrift „Haus der blutigen Flügel“: „Du Yun will beides: Mit Lautstärke aufrütteln und mit grellsten Kontrasten Herzen rühren. Das ist in dieser zeitlichen Konzentration wuchtig, spektakulär, stumpft jedoch leider auch ab, als ob in einem Godzilla-Film ein paar Hochhäuser zu viel einstürzen. … Mit den abgerissenen Flügeln in Großaufnahme und angedeuteten Missbrauchsszenen ist das fraglos gelungen. Das gesamte Ensemble, darunter Luise von Garnier und Wiard Witholt als Ehepaar und Claudio Zazzaro und Alma Naidu als Engel überzeugte in jeder Hinsicht. Trotzdem bleibt die Frage, was neben dem Schockeffekt der künstlerische Gehalt dieser Oper sein soll. Als Fanal geht das in Ordnung, auch und gerade in der Kürze, als Drama wirkt das Werk zu kalkuliert, zu mechanisch, zu vorhersehbar. Statt Menschen stehen Behauptungen auf der Bühne, Allegorien von Gier und Gewalt, und das konnte der Augsburger Bertolt Brecht irgendwie besser“, urteilte Kritiker Peter Jungblut.
Wir haben Augsburger Premierenbesucher nach ihrer Meinung gefragt.
Alejandro Marco-Buhrmester: „Die Musik erinnerte mich eher an Filmmusik und war viel zu gewaltig für das Geschehen auf der Bühne.“
Jonas Salzer „Ich habe schon viel davon gehört, und fand es sehr interessant. Ein cooles Ding, das könnte die Jugend tatsächlich auch in die Oper bringen.“
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